Für viele Pferdebesitzer stellt sich mit Ende der Weidesaison die Frage nach der richtigen und optimalen Raufutterfütterung im Winter. Gerade bei Besitzern von Pferden mit gesundheitlichen Atemwegsproblemen taucht immer wieder die Frage auf: “Ist Heulage für mein Pferd eine gute Alternative?“ Aus der Sicht des Pferdebesitzers ist es nicht selten aus praktischen Gründen eine gute Lösung. Er muss im Winter kein Heu wässern oder bedampfen. Eine Menge Mehraufwand fällt somit weg, denn in vielen Ställen kann dieser zusätzliche Service nicht geleistet werden. Dennoch geht der Heulagefütterung bei Pferden ein Ruf voraus, der für starke Verunsicherung sorgt. Viele gesundheitliche Beeinträchtigungen werden den Pferden bei Heulagefütterung angelastet und am Ende scheint sich nur die Frage nach Pest oder Cholera zu stellen.

  • Gibt es einen Unterschied zwischen Heulage und Silage in der Pferdefütterung?
  • Woran erkennt man eine „gute“ Heulage?
  • Wie gesund oder ungesund ist die Heulagefütterung für Pferde?
  • Wie wird die Heulage im Stoffwechsel der Pferde aufgenommen und verarbeitet?

Diese und weitere Fragen versuchen wir in diesem Artikel zu klären und dabei auch zur Kenntnis zu nehmen, dass es in vielen Ställen keine Alternative zur Heulagefütterung gibt. Wir wissen, wie schwer es mancherorts ist, einen adäquaten und bezahlbaren Stall zu finden und wir wissen auch, dass es in nassen Jahren zu massiven Qualitätseinbußen im Pferdeheu kommen kann. In einigen Gegenden gibt es dann überhaupt kein Pferdeheu zu kaufen. Wie so oft gibt es nicht nur Schwarz oder Weiß, sondern es muss abgewägt und sehr differenziert mit diesem Thema umgegangen werden.


Wo liegt der Unterschied zwischen einer Ballensilage und einer Heulage?

Silage in der Pferdefütterung

Der Unterschied zwischen Silage und Heulage

Die Ballensilage hat eine optimale Trockenmasse (TM), die sich zwischen 45 – 55 % bewegt; d.h. dieser Ballen besteht i.d.R. zu über der Hälfte aus Wasser. Wasser welches zum Zeitpunkt der Ernte noch im Weidegras vorhanden war. Zum Vergleich: Pferdeheu enthält normalerweise nur noch um die 15 % Wasser. Konserviert wird die Silage durch die Milchsäuregärung, da diese den Zucker in Säure umwandelt. Der Prozess der Umwandlung von Pflanzenzucker zu Milchsäure sollte von den Milchsäurebakterien relativ schnell erledigt werden und mit sehr wenig Energieverlust geschehen (ca. 3 %). Bei der Umwandlung wird auch ein wenig CO2, etwas Essig und Äthanol freigesetzt. Dieser Vorgang benötigt auch beim Wickeln eine entsprechende Verdichtung des Weidegrases, um Lufteinschlüsse zu vermeiden. Ist das Gras zu nass oder zu trocken (über 60 % TM) können sich keine für den Siliervorgang (Konservierung) notwendigen Bakterienkulturen bilden. Das Futter wird dadurch weniger durchsäuert und die Qualität verschlechtert sich rapide.

     

 Das sollten Sie wissen!

 

 

Eine einwandfreie Qualität von Ballensilage kann nur von einem Gärprozess erwartet werden, welcher die Lebensweisen der unterschiedlichen im Futter beinhalteten Mikroorganismen berücksichtigt. Wichtig ist, dass der Ballen nach dem Öffnen schnell verbraucht wird und nicht mehrere Tage offen herumliegt. Während des Siliervorganges im Ballen steigt der pH-Wert von anfänglich 6,5 bis 7 auf 4,0 bis 4,5 ab. Der über Monate fortdauernde Prozess kann Ballensilagen bis auf den pH-Wert von 3 senken. Derart „saures“ Grundfutter ist für den empfindlichen Pferdemagen und -organismus nicht geeignet. Zwangsläufig kommt es zu massiven Stoffwechselproblemen, da die Pferde ständig damit beschäftigt sind dieser Übersäuerung entgegenzuwirken. Mittelfristig gehen dadurch wichtige Mineralstoffe verloren und der Verdauungstrakt kann seine Tätigkeit (langsames Verdauen von Kohlenhydraten im strukturreichen und nahezu neutralen Grundfutter) nicht mehr ordnungsgemäß verrichten. Die Entgiftungsvorgänge werden durch die in der Silage enthaltenen „fremden“ Bakterien zusätzlich belastet und die Darmflora nachhaltig geschädigt. Auch wenn dieses Milieu dafür sorgt, dass es innerhalb des Ballens weniger häufig zu den gefürchteten Bakterien kommt, die für das bei Pferden meist tödlich endende Gift Botulinumtoxin (Botulismus) freisetzen.
 
   

Heulage fürs Pferd – deutlich trockener als Ballensilage

Eine gute Heulage hat, nachdem sie getrocknet, gepresst und verpackt wurde, eine Trockenmasse von 50 - 60 %. In vielen Fällen werden bei für Pferde angefertigte Heulageballen Trockensubstanzwerte von bis zu 90 % ermittelt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das gewickelte Futter deutlich trockener und somit weniger bis gar nicht mehr silierfähig ist. Meist wird die Ernte der Heulage nur einen halben Tag vor dem eigentlich geeigneten Termin für gutes Pferdeheu eingeholt. Heu hat eine Trockenmasse von ca. 85 – 92 %. Für eine Heulage wäre (lt. Literatur) eine Trockenmasse von 55% ideal. In der Realität wurden (lt. LUFA-Nordwest) Werte zwischen 60 und 90 % im Jahre 2017 ermittelt. Nachdem hier eine weniger feste Pressung (mehr Lufteinschluss), ein oft höherer Strukturanteil, weniger Zucker und weniger Wasser enthalten sind, fehlen die Milchsäurebakterien, welche schlussendlich für eine „Konservierung“ von Nöten wären. Hier ist das durch Fermentation entstehende CO2 einer der Stoffe, die dem Heulageballen Sauerstoff entziehen und somit für eine längere Haltbarkeit des Futters sorgen. Das weniger saure Milieu (um 5,0 bis 5,5 pH) reicht aber nicht mehr aus, um die für Pferde häufig sehr belastenden bzw. schädlichen Bakterien (Botuline) abzutöten. Hier ist die Gefahr einer Verunreinigung des Balleninhalts (z.B. tote Tiere wie z.B. Mäuse) deutlich höher. Günstig dürften sich der höhere pH-Wert, der geringere Zuckergehalt und die moderate Eiweißmenge auf den Verdauungsstoffwechsel der Pferde auswirken.

 

     

 Das sollten Sie wissen!

 

 

Bei Heulagen, die nicht den angepeilten pH-Wert von unter 4,5 erreichen, sterben Clostridien (die für den Botulismus verantwortlich sind) nicht ab und können auch nicht unschädlich gemacht werden. Clostridien gelangen durch clostridienhaltige Erdanteile oder Tierkadaver in die Heulage. Durch den späteren Schnitt ist der Rohfaseranteil höher als bei der Silage und der Protein- und Zuckergehalt ist niedriger. Dadurch ist die Nahrungsgrundlage für die konservierenden Milchsäurebakterien geringer. Ist der erforderliche pH-Wert nicht erreicht, werden die im Ballen anwesenden Bakterien, Hefen und Schimmelpilze bei Kontakt mit der Luft leicht aktiv, gelangen bei der Verfütterung in den Pferdedarm und belasten somit den Verdauungs- und Entgiftungsstoffwechsel.
 
   

So sollte Heulage für Pferde aussehen

Bei der Fütterung von Heulage für Pferde gibt es daher einiges zu beachten. Hier eine Zusammenfassung:

  • Strukturanforderungen an eine Pferderation
    • Mind. 1,5 kg Raufutter je 100 kg LM des Pferdes. Ein ausgewachsenes Warmblut mit 600 kg Gewicht müsste demnach mindestens 9 kg Heu/Tag erhalten, dies entspricht einer Menge von etwa 7.000 g Heu-Trockenmasse.
    • Um die gleiche Strukturversorgung über Heulage zu bewerkstelligen, muss der TM-Gehalt dieses Grobfutters bekannt sein - die Austauschmenge für Ballensilage mit 55 - 60 % TM würde nämlich rund 12 bis 13 kg je Tier und Tag betragen.
    • Bei einem Kleinpferd mit 400 kg LM errechnen sich analog 8,5 kg Heulage.
    • Eine exakte Futtermengen- und Nährstoffzufuhr der Pferde ist also praktisch nur möglich, wenn TM-Gehalt und Inhaltsstoffe des vorhandenen Raufutters – gleich ob von Heulage oder Heu – zuvor analytisch ermittelt wurden.
  • Heulage und seine Qualitätsmerkmale
    • Heulage sollte angenehm und nur leicht säuerlich riechen. Man spricht von einem fruchtig, brotartigen Geruch (Röstgeruch). Der in Silage wesentlich ausgeprägtere Buttersäuregeruch sollte nur sehr schwach bis gar nicht wahrgenommen werden.
    • Ein heftig stockiger, muffiger oder fäkaler bis leicht alkoholischer Geruch deutet auf einen Verderb hin. Hier sollte die Heulage unbedingt entsorgt werden.
    • Heulage sollte frei von Sand- und Erdbeimengungen sein.
    • Warme Heulage infolge einer Nachgärung, schleimige Beläge oder ein starker Strukturverlust (Ballen hat an Volumen verloren) darf ebenfalls nicht vom Pferd verfüttert werden.
    • Hochwertige Heulage hat eine grüne, dem Heu sehr ähnliche Farbe. Zeigen sich weißer oder grauer Schimmel bzw. Schimmelnester, muss der gesamte Ballen entsorgt werden.
    • Die Haltbarkeit von Heulage ist sehr begrenzt und sollte daher nicht länger als ein halbes Jahr verfüttert werden.

In etlichen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass die Belastung von Bakterien (hier mit einer Ausnahme von Stroh) und Schimmelpilzen bzw. Schimmelpilzgiften in der Heulage dem Heu gegenüber im Vorteil sind. Vorausgesetzt diese werden unter besten Bedingungen geerntet und gelagert.


Welche Art der Heuverarbeitung eignet sich am besten für mein Pferd?

Die Vor- und Nachteile von Heulage

In vielen Publikationen wird vor der Verfütterung von Heulage an Pferde grundsätzlich gewarnt. Häufig werden Pferdebesitzer in Foren oder in sozialen Medien regelrecht beschimpft, wenn sich diese zu einer Heulagefütterung bekennen. In diese Kerbe wollen wir nicht schlagen und vertreten die Ansicht, dass der, welcher die Gefahren kennt, auch das Risiko für die Gesundheit seines Pferdes gut abwägen kann.

Heulage hat einen großen Vorteil – vorausgesetzt, es handelt sich um eine qualitativ hochwertige und sehr achtsam verfütterte Grundlage. (Aus unserer Erfahrung heraus muss hier aber auch festgestellt werden, dass nur ca. 30 % der vorgefundenen Heulagen diese Ansprüche erfüllen und deshalb bedenkenlos an Pferde verfüttert werden können.) Auch ist das Pferd – genauso wie wir Menschen – ein Individuum und nicht grundsätzlich alle Pferde reagieren auf weniger geeignetes Grundfutter sofort mit gesundheitlichen Problemen (Kotwasser, Durchfall, Atemwegsprobleme, Störungen im Entgiftungs- und Hautstoffwechsel, angelaufene Beine usw.). Ein Grund warum aber viele Ernährungsberater für Pferde hier sehr restriktiv ablehnend auf Heulagefütterung reagieren ist, dass diese zu 90 % mit kranken oder vorbelasteten Pferden zu tun haben. Das Hauptaugenmerk wird man hier immer auf eine möglichst unbelastete, pferdegerechte und auf das Verdauungssystem ausgerichtete Grundversorgung legen. Der Verdauungstrakt ist nun mal die Wiege der Gesundheit. Diese ist mit Heulage in nur sehr seltenen Fällen so zu optimieren, dass sie einer Fütterung mit Heu in guter Qualität entsprechen kann.

Dennoch waren z.B. die Heuernten im Sommer 2017 aufgrund der hohen Niederschläge, insbesondere im Norden, katastrophal. Geeignetes Pferdeheu ist bereits in guten Erntejahren Mangelware. Hier stellt sich dann häufig wieder die eingangs erwähnte Frage nach der Pest oder Cholera. Die massiven Schäden, die staubiges und mit Schimmel belastetes Heu an Pferden mit Atemwegsproblemen anrichten können, sind immens. Bereits über 50 % der Pferde zählen zu den sogenannten „stummen Asthmatikern“. In solchen Fällen, wenn das Waschen oder Bedampfen von Heu keine Option ist, stellt eine Fütterung mit Heulage eine wahrlich sinnvolle Alternative dar. Bei guter Qualität werden dies in der Regel auch die meisten Pferde ohne nennenswerte Beeinträchtigung wegstecken können. In Einzelfällen wird ggf. nur ein Stallwechsel die Lösung aller Probleme sein. Eine hohe Verantwortung für den Pferdebesitzer – darüber sind wir uns auch bewusst – hier die richtige Entscheidung zu treffen.

In unserer täglichen Beratungstätigkeit werden wir immer wieder mit dem Problem konfrontiert. In Fällen ohne eine andere Option kann man aber dennoch den Nebenwirkungen der Heulage ernährungsphysiologisch häufig helfend entgegentreten und den Verdauungstrakt durch gezielte Zufütterung z.B. von MykoTox, YeaSacc Mikro, B-Vitamine oder Kieselgur unterstützen. Auch sollten solche Pferde am Ende des Winters eine anregende Kur erhalten, um den Entgiftungsorganen Leber und Niere beim Pferd unter die Arme zu greifen.

Fazit: Einen Freifahrtschein für Heulage können auch wir nicht geben – gleichwohl wir uns darüber bewusst sind, dass gute Heulage auch so manche Vorteile hat. Im Einzelfall wird es daher die bessere Wahl des Grundfutters sein (beste Qualität vorausgesetzt). Wer jedoch die Wahl hat, sollte auf qualitativ hochwertiges Heu umsteigen, da die schwankende Qualität und die allgemeine Belastung der Gesundheit zentrale Probleme der Heulage sind. Häufig zeigen Pferde mit beginnender COB nach einer einjährigen Heuabstinenz – also Heulagefütterung – eine deutlich bessere Aussicht auf eine Stabilisierung der angeschlagenen Lungenfunktion. Nicht alle Pferde gleichermaßen vertragen Heulage. Kotwasser, Hautprobleme usw. können erst mit einer Umstellung auf Heu dauerhaft abgestellt werden.