Das Zahn-Kiefergebiet des Pferdes ganzheitlich betrachtet

Beginnen wir ganz einfach mit der Anatomie des Kiefers beim Pferd. Das erwachsene Pferd hat im Ober- und Unterkiefer je sechs Schneidezähne (Incisivi I-III), sechs vordere Backenzähne (Prämolares II-IV) und sechs hintere Backenzähne (Molares I-III).

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Einmal pro Jahr ist die Zahnkontrolle unverzichtbar für unsere Pferde. Mit gesunden Zähnen fühlen sich Pferde wohl und verwerten ihr Futter effizienter. Das ist die Voraussetzung für ein gesundes und langes Leben, genauso wie die regelmäßige Hufbearbeitung und der Gesundheits-Check. Wir haben das Futter des Pferdes und seine natürlichen Fressgewohnheiten durch Domestikation und angepasste Haltung nachhaltig verändert. Die Pferde entwickelten sich früher in weiten Graslandschaften zu Nomaden-ähnlichen Weidetieren und ihr Gebiss ist perfekt daran angepasst. Die Haltung heute hat kaum noch etwas mit einem Nomadenleben gemeinsam, wo die Pferdeherde immer darauf ausgerichtet war, dorthin zu wandern, wo es die beste Nahrung und genügend Wasser gab.

Die Schneidezähne fungieren als Schneidewerkzeuge und die starke Oberlippenmuskulatur dient als Rupfwerkzeug. Die Backenzähne besitzen breitere, flache und leicht gewellte Kauflächen. Die Kauflächen haben eine Schrägstellung. Der Unterkiefer ist schmaler als der Oberkiefer, deshalb kaut das Pferd immer nur auf einer Seite. Infolge der Schrägstellung der Kauflächen kommt es zu Zahnspitzenbildung an den Unterkiefer-Backenzähnen, an der Zungenseite und bei den Oberkiefer-Backenzähnen an der Backenseite.

 

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                Unterkiefer-Backenzähne                                                 Oberkiefer-Backenzähne

 

Mit seitlichen Kieferschlägen wird das Futter zermahlen. In einer Minute werden 70 – 80 Kieferschläge ausgeführt. Während dieses Vorgangs produzieren die Speicheldrüsen ca. 40 kg Speichel pro Tag. Das raufaserige Futter, wie Heu oder Stroh, muss wirksam eingespeichelt und zermahlen werden, damit der Nahrungsbrei bestens vorbereitet abgeschluckt werden kann, sonst kann es leicht zu Verstopfungen kommen. Im Laufe eines Pferdelebens verändert sich die Form des Kiefers und der Zähne. Ein Grund mehr regelmäßige Zahnkontrollen durchführen zu lassen. 

Sie können leicht selbst von außen Ober- und Unterkiefer abtasten, um Druck-sensible Stellen aufzuspüren. Wenn Sie solche Stellen finden, dann ist es ratsam einen Tierarzt nachschauen zu lassen.

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Häufige Zahnprobleme: 

  • scharfe Spitzen und Kanten der Backenzähne, die die Backenschleimhaut oder die Zunge verletzen
  • zurückgebliebene Zahnkappen (Reste von Milchzähnen, obwohl die neuen Zähne schon durchgebrochen sind)
  • schmerzhafte Schleimhautverletzungen durch Wolfszähne
  • verlorene und abgebrochene Zähne
  • ungleichmäßige Kauflächen
  • zu lange Zähne
  • Infektionen an Zähnen und Zahnfleisch
  • Fehlstellungen
  • Zahnfleischerkrankungen
  • übermäßig abgenützte Zähne

Die Symptome von Zahnerkrankungen sind vielfältig. Sie reichen von Behinderungen des Kauaktes über Futterverlust aus dem Maul während des Kauens oder übermäßiges Speicheln und unverdauter Nahrung im Kot bis zu Abmagerung des Pferdes, starker Maulgeruch und Fieber.  Spätestens dann wird sicher ein Tierarzt beauftragt das Pferd zu untersuchen. Manchmal auch, weil das Pferd Probleme mit dem Trensen- oder Kandarrengebiss beim Reiten zeigt.


Doch was ist, wenn Zähne- oder Kieferprobleme Auslöser für ganz andere Probleme sind?

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) hat über die 5-Wandlungsphasen eine eigene Herleitung von Symptomen und es ist wirkliche schade, dass diese Betrachtungsweise nur selten in der Veterinärmedizin zur Diagnose heran gezogen wird. 

Die Zähne und der Kiefer haben direkte Bezugszonen zum restlichen Organismus. Da fragt sich manch einer, warum die Knieprobleme bei seinem Pferd therapieresistent sind. Einen direkten Bezug zu den Zähnen wird in der Regel gar nicht hergestellt.

Zaehne Pferd

 

Jedes der fünf Elemente Feuer, Erde, Metall, Wasser und Holz wird jeweils den Organen zugeordnet. So gehört zu Feuer > Herz und Dünndarm; zu Erde > Milz und Magen; zu Metall > Lunge und Dickdarm; zu Wasser > Blase und Niere und zu Holz > Leber und Gallenblase. (Für alle die jetzt denken „das Pferd hat doch gar keine Gallenblase“ - aus chinesischer Sicht schon, auch wenn die Leber die Funktion der Gallenblase übernimmt.) 

 

In der nachstehenden Tabelle werden die Bezugszonen der Zähne zu den Organen dargestellt:

 

Unterkiefer-Zuordnung

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Oberkiefer-Zuordnung

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Durch die Berücksichtigung dieser möglichen Zusammenhänge und Vernetzungen können Auswirkungen von erkrankten Zähnen zu anderen Organen und Gewebesystemen abgeklärt werden.

Wechselwirkungen kann es grundsätzlich in beide Richtungen geben. Das bedeutet: auch ein erkranktes Organ kann zu Beschwerden an den zugehörigen Zähnen führen. 

Das ist ein interessanter Ansatz für alle bisher ungeklärten Fälle. Die Zahn-Bezugszonen liefern einen wichtigen Aspekt, so dass die ganzheitliche Betrachtungsweise in der Befunderhebung nicht mehr weg zu denken ist.

Links: Internationale Gesellschaft zur Funktionsverbesserung der Pferdezähne e.V. (www.igfp-ev.de)