Viele Fragen - Was hat mein Pferd? Ist es vergiftet? Symptome der Vergiftung?

Im ersten und zweiten Teil unserer Artikelserie standen die Giftpflanzen und ihre Gefahren im Fokus.

Dieser dritte Teil befasst sich folgend mit den Fragen:

  • Was können wir als Pferdebesitzer tun, wenn unser Pferd mit einem Gift in Berührung gekommen ist?
  • Welche Maßnahmen können und müssen wir ergreifen, um größeren Schaden vom Pferd abzuwenden?

Giftstoffe

Neben den Pflanzengiftstoffen (siehe Fachartikel Giftpflanzen Teil 1 und Giftpflanzen Teil 2) sind vor allem diverse Schädlingsbekämpfungsmittel extrem gefährlich für Pferde. Hierzu zählen vor allem:

  • Rattengift (z.B. Cumarin, Zinkphosphid)
  • Schneckengift (z.B. Metaldehyd)
  • Insektengifte bzw. Pflanzenschutzmittel (z.B. chlorierte Kohlenwasserstoffe, Phosphorsäureester, Glyphosat, Herbizide usw.)

Futterzusätze wie sie z.B. in manchen Puten-, Rinder- und Schweinefuttern enthalten sind (z.B. Monensin, Salinomycin) können für Pferde zudem gefährlich werden. Sogar das Spurenelement Selen, welches - für das Pferd überlebenswichtig ist- wirkt toxisch, wenn das Pferd zu viel davon aufnimmt. Das Pferd ist nicht in der Lage den Überschuss durch Kot oder Urin wieder auszuscheiden.

Ein weiterer Gefahrenherd ist das Blei. In einigen Farben ist Blei enthalten und hin und wieder werden für das Tränkewasser auch Bleirohre genutzt. Hier ist Vorsicht geboten, denn auch Blei wirkt im Pferdeorganismus toxisch. Gleiches gilt für Fluor (der gerne in Holzschutzmitteln enthalten ist) und für das im Altöl enthaltene Dioxin (hier sind in erster Linie Reitplatzböden betroffen).


Die häufigsten Symptome einer Vergiftung

Nachfolgend noch einmal eine allgemeine Übersicht über Symptome, die auf eine Vergiftung hindeuten könnten.

Bei einer akuten Vergiftung:

  • Verhaltensveränderung (z.B. Schreckhaftigkeit, Schläfrigkeit)
  • Schleimhautverfärbung von blass-rosa zu pink bzw. grau
  • Speicheln
  • Kolik
  • Durchfall
  • verfärbter Harn
  • Blut im Kot
  • Bewegungsstörungen
  • Zittern
  • Schwitzen
  • Krämpfe
  • Lähmungen
  • Kreislaufversagen (Schock)
  • Unruhe, leichte Erregbarkeit
  • veränderte Pupillen
  • Schluckbeschwerden
  • erhöhte oder zu niedrige Körpertemperatur
  • Atemprobleme, veränderte Atmung
  • Ödeme
  • Schiefhals

Bei einer chronischen Vergiftung kommen im Besondern folgende Symptome hinzu:

  • Anämie
  • Hufrehe
  • Haarausfall
  • Hautveränderungen
  • Abmagerung
  • Verhaltensänderung

Ursachen und Auslöser

Verhält sich das Pferd eigenartig und einige der Symptome aus der oben aufgeführten Liste treffen zu, dann sollte sich der Pferdebesitzer auf die Suche nach einer möglichen Giftquelle machen. Fragen, die bei der Suche hilfreich sein können, sind z.B.:

  • Hat das Pferd die Weide gewechselt?
  • Sind neue Futtermittel dazu gekommen und wenn ja, welche?
  • Woher kommt das Trinkwasser und woraus wird es getrunken?
  • Hatte das Pferd die Möglichkeit Kompost oder Gartenabfälle zu fressen?
  • Hat es auf einem Turnier oder einer Veranstaltung etwas von Zierpflanzen essen können?
  • Wurde in der Nähe des Pferdes ein Unkrautvernichtungs- oder Schädlingsbekämpfungsmittel genutzt oder wurde z.B. Rattengift ausgelegt?
  • Hat das Pferd kurz vorher neue Medikamente oder eine neue Wurmkur bekommen?
  • Gab es in letzter Zeit einen neuen Anstrich im Pferdestall oder wurde neues Material verbaut?
  • Konnte das Pferd Kernobst (z.B. Pflaumen, Aprikosen) fressen oder stehen in nächster Nähe Bäume, deren Samen und Blätter ggf. giftig sind (Bergahorn, Eicheln usw.)?

Behandlung bei Vergiftungen

Die wohl wichtigste aller Maßnahmen ist das Pferd von allen möglichen Gefahrenquellen fern zu halten. Weitere Sofortmaßnahmen, die der Tierarzt einleitet sobald er vor Ort ist, sind folgende:

  • Stabilisierung des Kreislaufs durch Infusionen, Herz unterstützende Medikamente, Blutdruck regulierende Medikamente
  • Erhaltung der Atmung: Atemwege frei halten, Sauerstoff, Atemtätigkeit anregende Medikamente, u.U. Beatmung
  • Krämpfe vermindern durch krampflösende Medikamente
  • Nierenversagen entgegenwirken: Infusion, entwässernde Medikamente (Diuretika)
  • Ödem-Ausschwemmung: entwässernde Medikamente (Diuretika), Entzündungshemmer
  • Leberschutz: Hepatoprotektiva oder Infusion mit Aminosäuren und B-Vitaminen (Wirkung ist umstritten)
  • Schmerzmittel
  • Beruhigungsmittel

Wichtige Informationen für den Tierarzt

  • Informationen über Alter, Gewicht und Allgemeinzustand des Pferdes
  • Welche Pflanze hat das Pferd gefressen?
  • Welche Teile der Pflanze wurden gefressen?
  • Wie viel wurde gefressen?
  • Welche Anzeichen zeigt das Pferd und wie geht es ihm?
  • Wie verhält sich das Pferd?
  • Wann wurde die Pflanze gefressen?

Nachdem der Tierarzt benachrichtigt wurde:

  • Verhindern Sie unbedingt die Aufnahme weiterer Pflanzen/Pflanzenteile.
  • ggf. Giftnotzentrale anrufen
  • Sorgen Sie dafür, dass das Tier sich so wenig wie möglich bewegt. Hat ihr Pferd beim Ausritt Giftpflanzen aufgenommen, lassen Sie es am besten mit dem Hänger abholen.
  • Bei Lichtempfindlichkeit: kühle und schattige Unterbringung. Bringen Sie das Pferd an einen kühlen Ort (im Schatten).
  • Bei hautschädigenden Kontaktgiften: Maul mit Wasser ausspülen, von außen Maul und Nüstern abwaschen
  • Pferde dürfen im Vergiftungsfall nichts mehr fressen, aber sie müssen viel trinken. Süßen Sie das Wasser mit Traubenzucker oder mit Honig, falls das Pferd das Trinken verweigert.
  • Verabreichen Sie medizinische Kohle (Aktivkohle), um die Giftstoffe zu binden. Ein erwachsenes Pferd kann abhängig von der Größe und Gewicht bis zu 750g bekommen, ein junges Tier bis zu 250g. Am besten löst man 100 g in einem Liter Wasser oder besser noch Kräutertee auf.
  • ggf. Bachblüten-Tropfen zur Beruhigung
  • Kräutertee anbieten
  • Kreislauf durch kalte Güsse, Beinwickel anregen
  • Atemaktivität durch feuchtes Tuch um den Brustkorb verbessern
  • Juckende, schmerzende Hautreale mit kaltem schwarzen Tee behandeln
  • Bauchschmerzen mit Bauchwickeln behandeln: Textiltücher in warmes Wasser tauchen, auswringen und feucht um den Rumpf wickeln, darüber Wolldecke, Pferdedecke
  • Leber- und Nierenschmerzen: Rotlicht im hinteren Rückenbereich
  • Bei sehr unruhigen Pferden nach Möglichkeit die Boxenwände polstern.
  • Bei Fieber können Sie das Pferd mit kalten Beinwickeln abkühlen, die alle 20 Minuten gewechselt werden.
  • Im Fall von Untertemperatur sollten Sie das Pferd eindecken. Falls vorhanden, empfiehlt sich der Einsatz von Wärmelampen.

Einer Vergiftung vorbeugen

Es gibt einige Vorsichtsmaßnahmen die Pferdebesitzer treffen können, um einer Vergiftung vorzubeugen. Hier ist besonders die Aufmerksamkeit des Pferdehalters gefragt. Besonders wichtig ist:

  • die regelmäßige Weidekontrolle auf Giftpflanzen
  • die Fütterung qualitativ hochwertiger Futtermittel
  • Gartenabfälle gehören nicht ins Pferd
  • Farben und Baumaterialien sollten auf Gesundheitsrisiken für die Pferde überprüft werden
  • Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel sind mit Vorsicht oder besser überhaupt nicht in der Nähe der Pferde einzusetzen
  • die Trinkwasserqualität (Brunnenwasser, Bachläufe, etc.) sollten regelmäßig auf ihre Qualität überprüft werden
  • beim Ausreiten oder Spazierengehen darauf achten, dass Pferde nur dort fressen dürfen, wo die Felder nicht vor kurzem gespritzt worden sind
  • das Trinken aus Gräben ist mit Vorsicht zu genießen, denn hier können nach einem Regenfall Spritzmittel und Gülle von den Feldern eingelaufen sein

Quellen: http://www.reitzeit-magazin.de/vergiftung-beim-pferd.html; https://magazin.ehorses.de/giftpflanzen-vergiftung-beim-pferd/; https://www.tiergesund.de/krankheiten/pferd/vergiftet; http://www.enpevet.de/Lexicon/ShowArticle/41843/Vergiftungen; Giftpflanzen – Was Pferde fressen dürfen; Marina und Uwe Lochstampfer; Cadmos Verlag 2. Auflage 2016; Schwarzenbek