Reisschalenkleie beim Pferd - Fütterung hat auch Nachteile. Zucker und Stärke sehr hoch.In der Pferdefütterung hat sich die Reisschalenkleie etabliert. Grund dafür ist, dass hier mit gluten-, energie- und zuckerarmen Nährwerten geworben wird. Aber wie sieht es denn in Wirklichkeit aus? Versucht man hier, zuverlässige Daten zu erhalten, bietet das Internet in seiner Recherche nur sehr wenig Information.


Woher kommt die Reisschalenkleie (RSK) für Pferde? 

Auf diese Fragen versuchen wir Antworten zu geben. Es geht nicht darum, die Hersteller und Händler für RSK schlecht dastehen zu lassen. Aber als Ernährungsberater für Pferde sehen wir unter anderem unsere Aufgabe darin, die Besitzer – insbesondere von stoffwechselbelastenden Pferden – zu sensibilisieren und zu informieren, damit die Vor- und Nachteile individuell abgewogen werden können.

Reisschalenkleie entsteht im Regelfall als Abfallprodukt aus der industriellen Reiskeimölgewinnung. Diese noch hochwertigen Reststoffe werden einerseits der Energiegewinnung oder der Nahrungs- oder Futtermittelindustrie zugeführt. Im Regelfall sind die in der Fütterung eingesetzten Reiskleien vorher industriellen Prozessen (teilweise Temperaturen von über 130 °C, Extraktion durch Lösungsmittel wie z.B. Ether, Alkohol usw.) ausgesetzt worden. Der Begriff Reisschalenkleie ist irreführend, da dieser nur in der Pferdefütterung verwendet wird. Unter dem Begriff Reiskleie wird diese Kleie weltweit gehandelt. Der Name deutet darauf hin, dass beim sogenannten „Polieren“ oder „Schleifen“ der Reiskörner auch Schalenreste in die Kleie gelangen. Diesen Umstand hat man sich wohl bei der Namensgebung aus Gründen des Marketings zu Nutzen gemacht.

Häufig wird auch der Begriff „stabilisierte Reisschalenkleie“ oder „Reisschalenkleie (stabilisiert)“ verwendet. Zunächst besteht nach dem Behandeln der Reiskörner die große Gefahr, dass die in der enthaltenen Kleie befindlichen Öle bzw. Fette schnell ranzig werden. Dies geschieht nämlich bereits binnen weniger Stunden. Um dies zu vermeiden, werden der Reisschalenkleie umgehend Konservierungstoffe zugeführt (=stabilisiert). Diese müssen und werden auf den Verpackungen nicht deklariert.

Viele hier im Handel für Pferde erhältlichen RSK werben mit einer bereits seit 2008 abgelaufenen "Bio"-zertifizierung, die damals noch eine Reihe bedenklicher Konservierungsstoffe auf der Liste hatte. Das Fehlen des Biosiegels auf den Verpackungen lässt m.E. Zweifel aufkommen ob man sich seit 1991 (damals trat diese sehr halbherzige und seit 8 Jahren abgelaufene EU-Bioverordnung in Kraft) überhaupt weiterentwickelt hat. Übrigens eine Verordnung, die sogar einen kleinen Anteil gentechnisch manipuliertes Saatgut zulässt.

Dem zusätzlichen Problem der gesundheitsbedenklichen Schimmelpilzsporen, Spritzmittel und für den Reis hohen Gehalte an z.B. Arsen kann man trotz aufwändiger technischer und chemischer Prozesse nicht gänzlich begegnen. Erst recht nicht, wenn keine Maßnahmen (Konservierungsstoffe) durchgeführt werden.


Reisschalenkleie – kein Freifahrtsschein für dicke oder stoffwechselbelastete Pferde

Geht man auf die jeweiligen Shopseiten der Inverkehrbringer für Reisschalenkleie, wird schnell deutlich, dass sich die Analysewerte nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Warum alle Shopanbieter mit den Informationen so spärlich sind, sollte sich jeder selbst beantworten. Das Futtermittelrecht schreibt vor, dass neben dem Rohfett und Rohfasergehalt auch der Gehalt an Stärke (Kohlenhydrate und Zucker) angeben werden muss. Es fehlt insbesondere die Angabe des Stärkegehalts in allen von uns im Netz gefundenen Produkten. Es könnte unterstellt werden, dass man kein Interesse hat, die hohen Werte öffentlich zu machen, da diese die Pferdebesitzer nur verunsichern würde. Weitere Recherchen bei den Herstellern selbst ergaben, dass 1 kg Reisschalenkleie für Pferde einen Stärke- und Zuckergehalt von 28 bis 42 % haben. Im Mittel waren es 35 %. Warum Hersteller mit „stärke- und zuckerarm“ werben, können wir nicht nachvollziehen.


Beispiel Reisschalenkleie gegenüber Weizenkleie in der Pferdefütterung:

Reisschalenkleie (TS)

Weizenkleie (TS)

210 Gramm Ballaststoffe (Polysaccharide)

10 Gramm Zucker

2 Gramm Traubenzucker

2 Gramm Fruchtzucker

5 Gramm Kristallzucker

200 Gramm Stärke

0,6 Gramm Kalzium

16 Gramm Phosphor

200 Gramm Fett

150 Gramm Eiweiß

12 MJ verdauliche Energie

423 Gramm Ballaststoffe (Polysaccharide)

5 Gramm Zucker

2 Gramm Kristallzucker

132 Gramm Stärke

0,7 Gramm Kalzium

10 Gramm Phosphor

42 Gramm Fett

140 Gramm Eiweiß

10 MJ verdauliche Energie

*Tabelle ist in mobiler Ansicht mit einer Scrollfunktion ausgestattet.

Kritische Pferdeleute haben mittlerweile z.B. die Weizenkleie aus dem Pferdefutter – auch als hochwertigen Füllstoff - verbannt. Zu Unrecht meinen wir, wenn man die Zahlen oben sieht. Im Vergleich zur Reischalenkleie kann sich die Weizenkleie sowohl als Füllstoff als auch als Zusatz für Misch- oder Ergänzungsfutter sehen lassen. Gegenüber der RSK sind sowohl der Stärke- als auch der Zuckergehalt deutlich niedriger. Auch der hohe Rohfasergehalt und die hochwertigen Schleimstoffe der Weizenkleie haben deutliche Vorteile für den Verdauungstrakt.

In einigen Veröffentlichungen wird bei der Reisschalenkleie auch die präzäkale Verdaulichkeit der enthaltenen Aminosäuren durch die industriellen Prozesse während der Reiskeimölgewinnung in Frage gestellt. Folgt man dieser Theorie, würde es bedeuten, dass diese erst im Dickdarm durch Bakterien zerlegt werden. Dieser Prozess führt aber im Blind- bzw. Dickdarm der Pferde zur Basenbildung und einer Anhebung des pH-Wertes. Eine ungesunde Darmflora wird somit gefördert und die dabei entstehenden Stoffwechselprodukte führen zu einer Überlastung der Leber.  

Besonders gerne wird der hohe Fettgehalt von RSK hervorgehoben. Diese Fette sind aber überwiegend schwer verdaulich (hoher Schmelzpunkt). In vielen Fällen wird die Reisschalenkleie gewählt, um fettleibigen Pferden eine zucker- und fettarme Alternative anzubieten. Dafür ist RSK nicht geeignet. Als Ersatz für den energiereichen Mais (da 3-mal so viel Stärke) für zu dünne Pferde hingegen eine gute Alternative – gleichwohl die Weizenkleie auch hier im Vorteil wäre. Zu bedenken bleibt, dass eine Heuration im Regelfall einen Rohfettgehalt von ca. 2 bis 3,5% hat (bei maschinell getrocknetem Heu bis zu 5%). Darauf ist der Verdauungstrakt der Pferde ausgerichtet. Futtermittel, wie die Reisschalenkleie, mit einen Rohfettgehalt von 12% und mehr können Pferden bei der Fettverdauung Probleme bereiten. In der Theorie können die Enzyme und Verdauungssäfte der Pferde um die 0,5 Gramm Fett je kg Lebendmasse verarbeiten. Ob es gesund ist, Pferden langfristig schwerverdauliche Fette, wie die in der RSK zu füttern, ist nicht erforscht worden.

Ungünstig auf die Gesamtration wirkt sich der hohe Phosphorgehalt (Darmsteinbildung) in der RSK aus. Hier sollte immer das anzustrebende enge Ca:Ph-Verhältnis im Auge behalten werden. Dies kann zwar duch extrem kalziumlastige Mineralfutter ausgeglichen werden, hat aber den Nachteil, dass damit der tägliche Bedarf an Kalzium deutlich überstiegen wird. Kalzium wird über die Niere ausgeschieden (Harngries, Nieren- und Blasensteine) und tritt im Überlfuss mit vielen Vitalstoffen in Wechselwirkung.

Zweifelsohne wird es jetzt viele Pferdebesitzer geben, die gute Erfahrungen mit der Fütterung von Reisschalenkleie gemacht haben. Viele füttern auch nur kleine Mengen davon. Nur – und darum ging es in uns in diesem Artikel – wer heute Ergänzungsfuttermittel ablehnt, weil Weizenkleie, Getreidemehle oder -nachmehle enthalten sind und glaubt in der Reisschalenkleie eine stärke-, zucker- und energiearme sowie faserreiche Alternative gefunden zu haben – der sollte umdenken. RSK ist unter Berücksichtigung der stärkeverdauenden Enzyme (Amylasen) im Dünndarm in Kombination mit dem Zucker, Fett und Eiweiß für Pferde mit PSSM, Cushing, Hufrehe oder Diabetes genauso ungefährlich oder gefährlich wie alle anderen Getreide, wenn die täglichen Mengen nicht dem Gewicht, der Rasse, dem Training und dem Stoffwechselproblem angepasst wurden.