Woran erkenne ich bei einem Pferd einen Schlafmangel oder vielleicht sogar eine Narkolepsie? Wie schläft ein Pferd und wie ist sein Schlafbedürfnis?

Der nachfolgende Text setzt sich genau mit diesen Fragen auseinander und bringt hoffentlich Licht ins Dunkel.


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Narkolepsie oder REM-Schlafmangel – kurz & knapp

 

Schlafverhalten des Pferdes:

  • Die Gesamtschlafzeit eines Pferdes pro Tag beträgt 5-9 Stunden (ruhen, dösen, schlafen)
  • Bei erwachsenen Pferden beträgt die reine Schlafzeit 3-4 Stunden pro Nacht (1 Std. Leichtschlaf, 2 Std. Tiefschlaf, nur etwa 30 Min in der REM-Schlafphase)

Schlafmangel:

  • Kurzzeitiger Schlafmangel führt zu einer Verlängerung der Gesamtschlafzeit
  • Langfristiger Schlafmangel führt zu einem REM-Schlafmangel mitunter schwerwiegenden Folgen

4 Kategorien von Symptomen einer Narkolepsie:

  1. Schlafzwang
  2. Kataplexie
  3. Störung des Schlafrhytmus
  4. Schlafparalyse/ Schlaflähmung

Diagnostik:

  • Ausschluss von allen kardiovaskulären, respiratorischen und neurologischen Ursachen
  • Videoüberwachung und Aufzeichnungen des Schlafverhaltens des Pferdes
  • die Analyse eines bestimmten Proteins in der Zerebronalflüssigkeit (Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) sinnvoll

Erste Symptome, die auf eine Narkolepsie bzw. Pseudonarkolepsie hinweisen:

  • Pferd hält den Kopf kurz über dem Boden und döst
  • Pferd knickt von Zeit zu Zeit mit den Vorderbeinen ein
  • In schweren Fällen ein Einknicken und Stürzen
  • Betroffene Pferde haben oftmals Verletzungen an Karpal-, Fessel- und Sprunggelenken oder Kopf

Mögliche Ursachen für eine Pseudonarkolepsie:

  • kein geeignetes Einstreu bzw. Liegeflächen
  • Schmerzen beim Hinlegen und Aufstehen
  • Unsichere Umgebung des Pferdes

Untersuchung zum Thema Narkolepsie und REM Schlafmangel:

Dissertation zum Thema „Narkolepsie oder REM-Schlafmangel? 24-Stunden-Überwachung und Polysomnographische Messungen bei „narkoleptischen“ Pferden“

Pferd schläftDas Schlafverhalten des Pferdes wurde schon vor mehr als 100 Jahren erforscht. Damals wurde das Schlafverhalten von Militärpferden der russischen Armee beobachtet und erste Erkenntnisse wurden gesammelt. Die erste Dissertation wurde im Jahr 1937 geschrieben und das Thema lautete „Der Schlaf des Pferdes: seine Dauer, Tiefe, Bedingungen.“ Die Forschung steckt hier nach wie vor noch in den Kinderschuhen und viele Fragen bleiben bei der Narkolepsie und REM-Schlafmangel noch ungeklärt.

Inzwischen ist es möglich, durch eine sogenannte polysomnographische Messung komplette Schlafprofile von Pferden in ihrer gewohnten Umgebung zu erstellen.


Das Schlafverhalten

Das Schlafmuster eines Pferdes unterteilt sich in verschiedene Schlaf- und Wachphasen und unterscheidet sich in der Länge der Schlafphasen von vielen anderen Säugetieren. Es läuft „polyphasisch“ ab, da mehrere Schlaf- und Wachphasen ineinander übergehen. Insgesamt verbringen Pferde zwischen 5-9 Stunden mit Ruhen, Dösen und Schlafen. Die reine Schlafzeit bei erwachsenen Pferden liegt bei 3-4 Stunden pro Nacht. Davon verbringen sie ca. 1 Stunde im Leichtschlaf, in etwa 2 Stunden im Tiefschlaf und nur etwa 30 Minuten in der REM (Rapid Eye Movement)- Schlafphase. Am Stück beträgt die Schlafphase eines Pferdes meist zwischen 35-90 Minuten. In dieser Zeit werden im Idealfall alle Schlafphasen durchlaufen. Die Einteilung der gesamten Schlafzeit in mehrere Abschnitte ist für das Beute- und Fluchttier „Pferd“ besonders wichtig, da so das Angreiferrisiko vermindert wird.

Die REM-Phase ist zwar eine sehr kurze, aber für das Pferd essentielle Phase, welche für die Gesunderhaltung und Leistungsfähigkeit notwendig ist. Diese Phase ist gut erkennbar, da hier der Muskeltonus herabsinkt und die Augenbewegung gegenläufig ist. Aus diesen Gründen können Pferde diese Phase nur in Seitenlage oder in Bauchlage mit abgelegtem Kopf durchlaufen. Im Jahr 2014 ergab eine Untersuchung an 7 verschiedenen Pferden, die über 27 Nächte beobachtet wurden, dass diese nach Mitternacht deutlich häufiger in eine Liegephase wechselten. Die Liegepositionen unterschieden sich von Pferd zu Pferd. Dem Anschein nach gibt es auch bei Pferden verschiedene Schlaftypen, deren Bedürfnisse in der Haltung und dem Tages- und Nachtrhythmus unterschiedlich sind.

Bei Beobachtungen von Wildpferden hat man herausgefunden, dass die Ruhezeiten saisonal verschieden sind. In den heißen Sommermonaten ruhen bzw. schlafen die Pferde in der Mittagshitze. Weitere Unterschiede in der Länge der Ruhephasen ergaben sich aus dem Alter und dem Geschlecht der Pferde.


Schlafmangel – ein Grund für Narkolepsie beim Pferd?

Pferde legen sich nur dann entspannt ab, wenn sie sich sicher fühlen und jederzeit schnell wieder aufstehen können, um im Notfall zu fliehen. Fühlt sich das Pferd in seiner Umgebung nicht wohl und kann sich nicht entspannen (was sowohl bei einer Einzelhaltung als auch in der Gruppenhaltung vorkommen kann), wird es unsicher und vorsichtig. Es kann dazu kommen, dass sich das Pferd selten oder überhaupt nicht mehr ablegt. In Gruppen sind es oft die rangniedrigen Pferde, die sich vor den ranghöheren Pferden schützen wollen oder Pferde mit einer großen Individualdistanz, die dann in einen Schlafmangel rutschen. Bei ranghohen Pferden betrifft es meist die mit einem hohen Kontrollverhalten, da sie ständig ihren Rang verteidigen müssen und oftmals auch sehr extrovertiert sind. Dieses Verhalten kann zu vermehrtem Stress führen, was wiederum einem entspannten Schlafrhythmus im Weg steht.

Bei einem kurzzeitigen Schlafmangel kommt es zu einer Verlängerung der Gesamtschlafzeit während der Erholungsphase. Legt sich ein Pferd über einen längeren Zeitraum nicht mehr hin, kommt es als Folge dessen zu einem sogenannten REM-Schlafmangel, welcher unter Umständen schwerwiegende Folgen haben kann. Eine davon ist die Pseudonarkolepsie, die durch einen REM-Schlafmangel ausgelöst wird.

Gemessen werden können die einzelnen Schlafstadien mit einer polysomnographischen Messung. Diese Messung besteht aus einer Videoüberwachung, einem EEG (Hirnströme), einem EMG (Muskelaktivität) und der Augenbewegungen (EOG). Alle Messungen müssen parallel ablaufen. Bei einer Messung von 7 gesunden Pferden in 4 Nächten wurde eine Gesamtschlafzeit von 203Minuten +- 46,5 Minuten pro Nacht gemessen. Das sind umgerechnet ca. 3,4 Stunden pro Nacht. Im Durchschnitt waren die Pferde 40min/Nacht im Leichtschlaf und 130min in SWS-Schlaf. Der Slow-Wave-Sleep (SWS) ist eine Zusammenfassung der Schlafstadien 3 und 4 (Tiefschlaf und REM-Phase).

Ein Schlafmangel ist bei Pferden viel weiter verbreitet als eine Schlafkrankheit. Oftmals verbirgt sich hinter einer offensichtlichen Narkolepsie ein ausgeprägter REM-Schlafmangel.


Die Narkolepsie

Bei einer Narkolepsie handelt es sich um eine chronische neurologische Gehirnerkrankung, die leicht mit einem REM-Schlafmangel verwechselt werden kann, bei der keine neurologische Erkrankung vorliegt.

Die Narkolepsie wird durch einen Mangel an Hypocretin, welcher als Botenstoff im Gehirn dient, ausgelöst. So entsteht eine neurologische Schlaf-Wachstörung. Im Normalfall werden die Kataplexien (Verlust des Haltemuskeltonus) dadurch ausgelöst, dass das Pferd intensive Gefühlsregungen durchläuft. Diese können negativ wie positiv sein. Bei der darauffolgenden Kataplexie kann es sich um einen teilweisen oder kompletten Verlust des Haltemuskeltonus handeln. Meistens brechen die Pferde in diesen Fällen teilweise oder ganz zusammen. Als erstes Anzeichen ist meist zu sehen, dass die Pferde schwanken, taumeln, stolpern und übermäßig müde sind. Treten Kataplexien auf, finden diese ohne eine Bewusstseinstrübung statt.

Symptome einer Narkolepsie können in 4 Kategorien eingeteilt werden:

  1. Schlafzwang: Die betroffenen Pferde sind den ganzen Tag über müde und es ist nicht von Bedeutung, ob sie ruhig in der Box stehen oder Leistung erbringen müssen. Ein Narkolepsie Pferd kann zu jeder Zeit einschlafen. Die Zeitspanne des Schlafes kann sich von wenigen Sekunden bis hin zu einigen Minuten erstrecken. Ort und Zeitpunkt ist vom Pferd nicht kontrollierbar.
  2. Kataplexie: Durch den Kontrollverlust in der Muskulatur verlieren die Pferde das Gleichgewicht, knicken mit den Vorderbeinen zusammen und stürzen im schlimmsten Fall auf die Seite. Hierbei können sie sich schwerste Verletzungen zuziehen. Während des Kontrollverlustes sind die Pferde bei vollem Bewusstsein, auch wenn die Augen geschlossen sind. Verletzungen durch eine Kataplexie sind meistens an den Vorderbeinen, am Kopf, an den Schulterknochen oder der Halswirbelsäule erkennbar.
  3. Störung des Schlafrhythmus: Normalerweise durchlaufen Pferde erst die Einschlafphase, die danach in die REM bzw. Traumschlafphase übergeht. Die REM-Phase nimmt in etwa 20-25% des gesamten Schlafes ein. Bei einer Narkolepsie wird die REM-Phase vorgezogen und stark verkürzt. Diesen Zustand nennt man SOREM (Sleep onset REM). Durch die zu frühe REM-Phase tritt auch die traumlose Schlafphase früher ein und die wichtige REM-Phase wird extrem verkürzt. So kann es zu einem extrem gestörten Schlafverhalten kommen und es kann als Indikator für eine Narkolepsie angesehen werden.
  4. Schlafparalyse/ Schlaflähmung: Bei einer Schlafparalyse können bestimmte Muskelpartien beim Einschlafen oder Aufwachen des Pferdes nicht mehr bewegt werden. In der Einschlafphase kann das Pferd umfallen. Ausgelöst wird diese Art der Lähmung durch eine Anhebung des Natriumspiegels im Blut. Verursacht wird diese Anhebung durch einen defekten Natriumkanal. Dieser schließt nicht mehr richtig und es kommt zu einer Überversorgung. Dadurch kommt es zu einer unkontrollierten Entspannung der Muskeln. Durch leichtes Halsklopfen und später langsames Schritt führen werden Stresshormone freigesetzt, die den Blutzuckerspiegel wieder in den Normbereich bringen.

Die Narkolepsie ist ein sehr seltenes Krankheitsbild und tritt meistens schon im frühen Fohlenalter auf. Einige Rassen scheinen tendenziell mehr davon betroffen zu sein. Hierzu gehören:

  • Suffolk
  • Isländer
  • Shetland Pony
  • Fell Pony
  • Lippizaner
  • Warmblut
  • Miniature Horses
  • Appaloosa
  • Quarter Horse
  • Vollblut

Die Symptome wurden erstmals bei drei Suffolk Fohlen schriftlich festgehalten. Ein familiäreer Zusammenhang wurde bei vier eng verwandten Fohlen der Miniature Horse Rasse festgestellt. Auch bei einem Islandfohlen konnte man dieselben Symptome in einem Alter von 4 Wochen erkennen. Alle Fohlen zeigten bereits nach wenigen Lebenswochen eine exzessive Tagesschläfrigkeit und eine teilweise oder totale Kataplexie. Die Kataplexie wurde durch verschiedene Auslöser verursacht. Unter anderem durch Bürsten, Streicheln, Saugen bei der Mutterstute oder Füttern. Beim Herausführen aus dem Stall war bei den Fohlen ein Schwanken, Taumeln, Stolpern und eine extreme Schläfrigkeit zu sehen. Die Fohlen verhielten sich zwischen den Kataplexieanfällen völlig normal.liegendes Pferd

In einigen Fällen waren die Symptome der betroffen Fohlen so schwer, dass eine Euthanasie nötig war. Weiterhin geht man im allgemein davon aus, dass es sich um eine vererbbare Erkrankung handelt.

Nur leichte Narkolepsiefälle können teilweise erfolgreich therapiert werden.

Die Krankheit ist bis heute nicht heilbar und auch eine medikamentöse Behandlung ist sehr schwierig, da diese schwere Nebenwirkungen aufweist und daher in nur besonders schweren Fällen angeraten wird.

Aus der Humanmedizin wird als ein Therapieansatz das Antidepressivum Imipramin verschrieben. Hier konnte beobachtet werden, dass die exzessive Tagschläfrigkeit nachlässt. Die Anfälle, die durch starke Emotionen ausgelöst werden, konnten mit der Einnahme des Medikamentes nicht reduziert oder verhindert werden. Die richtige Dosierung dieses Medikamentes ist extrem wichtig, da es bei einer zu hohen Dosierung zu schweren Nebenwirkungen kommen kann.

Die Gabe von Atropinsulfat ist eine Möglichkeit schwere Anfälle für einen Zeitraum von bis zu 30 Stunden zu reduzieren oder leichte Anfälle zu verhindern. Beide Medikamente können nur über den Tierarzt bezogen werden, da die Dosierung hier maßgeblich ist. Bei Pferden, die nur eine leichte Form der Narkolepsie haben, kann es in manchen Fällen ausreichen, sie von Stress fernzuhalten, um die Anfälle zu reduzieren oder zu verhindern.


Diagnostik Schlafmangel / Narkolepsie

Um eine Narkolepsie diagnostizieren zu können, sollten vorher alle kardiovaskulären, respiratorischen und neurologischen Ursachen ausgeschlossen werden. Es können auch Elektrolyt-Ungleichgewichte als Kollapsauslöser in Frage kommen. Da die Kataplexie bei den betroffenen Pferden durch starke oft positive Emotionen entsteht, ist eine Videoüberwachung und Aufzeichnungen des Schlafverhaltens des Pferdes notwendig, um die Auslöser genau identifizieren zu können. Bei einem Verdachtsfall von Narkolepsie kann die Analyse eines bestimmten Proteins in der Zerebronalflüssigkeit (Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) sinnvoll sein, da dieses bei einigen betroffenen Pferden erniedrigt ist.


Narkolepsie bei Pferden meist nur ein REM-Schlafmangel = Pseudonarkolepsie

Bei den meisten Pferden, die Symptome zeigen, die der Narkolepsie sehr ähnlich sind, handelt es sich um einen REM-Schlafmangel. Dieser entsteht, wenn das Pferd wenige oder keine Regenerations- und Erholungsphasen im Schlafzyklus hat. Bei dieser Art von Schlafmangel ist die REM-Phase verkürzt oder findet nicht statt. In beiden Fällen kollabieren die Pferde, wobei die Kollapse bei einem REM-Schlafmangel nicht durch verstärkte Emotionen ausgelöst werden, sondern in Ruhephasen stattfinden. Auch Verletzungen an den Fessel- und Karpalgelenken sowie an Kopf und Schulter. Weitere Anzeichen für einen REM-Schlafmangel kann Schläfrigkeit oder Hysterie sein.

Der REM-Schlafmangel wird häufig auch Pseudonarkolepsie genannt, da sich die Symptome stark ähneln. Während die Narkolepsie als Erkrankung bis heute nicht geheilt werden kann, besteht bei einer Pseudonarkolepsie die Möglichkeit aktiv einzugreifen, um der Problematik des exzessiven Schlafmangels entgegenzuwirken.

Noch einmal zur Erinnerung: Pferde können zwar im Stehen dösen und auch schlafen, aber ohne Liegephase ist keine Tiefschlafphase bzw. REM-Phase möglich. Diese ist für Pferde jedoch existenziell wichtig. Die drei Schlafstufen teilen sich auf in das Ruhen und Dösen, gut erkennbar am sog. „Schildern“. Diese Position ist für das Pferd extrem energiesparend. In der nächsten Stufe gehen die Pferde in den „slow wave sleep“ über und schlummern. Dies geschieht im Liegen, oftmals mit untergeschlagen Beinen. Als dritte Stufe gehen sie in einen Tiefschlaf über. Dieser erfolgt mit ausgestreckten Beinen in Seiten- oder manchmal in Bauchlage mit aufgestütztem Kopf. Schnelle Augenbewegungen bei geschlossenen Liedern (REM-Phase) sind sichtbar. Die letzte Phase ist für die Erholung des Pferdes am wichtigsten.

Erste Symptome, die auf eine Narkolepsie bzw. Pseudonarkolepsie hinweisen:

Die ersten Anzeichen, die vom Besitzer wahrgenommen werden, sind meist ein dösendes Pferd, welches den Kopf gesenkt über den Boden hält und von Zeit zu Zeit mit den Vorderbeinen einknickt. In schweren Fällen können die Pferde auch einknicken und stürzen. Auffällig ist auch, dass die betroffenen Pferde Verletzungen an Karpal-, Fessel- und Sprunggelenken oder Kopf haben. Oftmals ist dieses beschriebene Verhalten abends bzw. nachts zu sehen, wenn es im Stall ruhig ist und auch die Pferde zur Ruhe kommen. Da die Pferde sich zum Schlafen nicht ablegen, durchlaufen sie den Zyklus immer wieder. Einige Pferde versuchen das „Nicht ablegen wollen“ dadurch zu kompensieren, dass sie z.B. den Kopf auf die Stalltür ablegen und sich rückwärts in eine Ecke drängen. Oder sie versuchen sich auf die Futterkrippe zu setzen. Durch polysomnographische Messungen an gesunden Pferden konnte festgestellt werden, dass Leicht- und Tiefschlafphasen auch im Stehen durchlaufen werden können. Die REM-Phase durchläuft ein Pferd jedoch nur im Liegen.

Mögliche Ursachen für eine Pseudonarkolepsie:

  • Die Einstreu bzw. Liegeflächen: Pferde reagieren hier oft sehr sensibel. Besonders dann, wenn die Einstreu feucht oder keine Einstreu vorhanden ist. In Studien hat man herausgefunden, dass die Liegedauer durch die Tiefe der Einstreu und deren Struktur beeinflusst wird. Die Sauberkeit und das Isolationsvermögen sind weitere wichtige Punkte, die die Liegedauer verlängert. Stehen die Pferde im Auslauf oder auf der Weide, bevorzugen Pferde auch hier trockene und windgeschützte Liegeflächen. In Untersuchungen fand man heraus, dass sich Pferde 3x länger in Seitenlage auf Stroheinstreu legen, als auf Holzspänen.
  • Schmerzen beim Hinlegen und Aufstehen: Haben Pferde Schmerzen im Bewegungsapparat (z.B. Arthrose) die beim Hinlegen oder Aufstehen ausgelöst werden, vermeiden Pferde das Schlafen, da sie schlecht zum Liegen kommen und später länger zum Aufstehen brauchen. Kommt es zu Rangeleien oder Unruhe im Stall, fühlen sich diese Pferde zurecht in Gefahr, da sie nicht schnell flüchten können.
  • Unsichere Umgebung des Pferdes: Fühlt sich ein Pferd unsicher oder bedroht, kann es sich nicht entspannt ablegen. Unsicherheit bei Pferden hat viele Ursachen. Hierzu gehören glatte und nicht trittsichere Böden oder laute Geräusche oder andere Pferde, die sich ihnen und der Herde gegenüber aggressiv verhalten. Kleine Boxen und schlecht abgetrennte Liegeflächen oder ein längerer Aufenthalt in einer ungewohnten Umgebung (wie z.B. Klinik) können außerdem für einen Schlafmangel verantwortlich sein.

Pseudonarkolepsie tritt bei älteren Pferden (ab 15 Jahren) häufiger auf.

Pferde, die einen sehr schweren Grad einer Pseudonarkolepsie zeigen und z.B. auch beim Reiten eindösen, sollten pensioniert werden, um Unfälle und Überforderungen zu vermeiden.


Untersuchung zum Thema Narkolepsie und REM Schlafmangel

Christine Fuchs und Lena Kiefner widmeten ihre Dissertation dem Thema „Narkolepsie oder REM-Schlafmangel? 24-Stunden-Überwachung und Polysomnographische Messungen bei „narkoleptischen“ Pferden“. In einer Online-Umfrage wurden von April 2014 bis Februar 2015 insgesamt 177 Fragebögen verschickt. Nach der Auswertung der Fragebögen wurden 39 Probanden herausgesucht. In ihrer Untersuchung kamen sie zu folgenden Ergebnis und einer daraus resultierenden Empfehlung.

Die meisten Pferde, die von einem REM-Schlafmangel betroffen waren, waren über 15 Jahre alt. In einigen Fällen zeigte sich eine Symptomatik schon früher. Bei vielen der untersuchten Pferde zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem letzten Stallwechsel und dem Auftreten des atonischen Kollapses. Pferdebesitzer sind hier in der Pflicht sich vorher genau zu überlegen, ob ein Stallwechsel nötig und auch sinnvoll ist. Die Pferde machten keinen Unterschied, ob der neue Stall ihnen ein besseres Haltungssystem bot oder nicht. Allein die Änderung der Haltungsumwelt und das Eingewöhnen in eine neue Gruppe war entscheidend. Die Belastung war für einige Pferde so massiv, dass sie in einen REM-Schlafmangel rutschten.

Ein weiterer Grund für einen REM-Schlafmangel war das „Nicht-Ablegen“ der Pferde. Allgemein ist bekannt, dass Pferde im Stehen schlafen können und so wird auf das Abliegen der Pferde oftmals nicht genug Augenmerk gelegt. Es wird immer mehr Wert auf möglichst artgerechte Haltungssyteme gelegt, was positiv zu bewerten ist. Dennoch sollte in allen Haltungssystemen immer darauf geachtet werden, dass alle Pferde die Möglichkeit haben sich in Ruhe beim Schlafen abzulegen, um die wichtige REM-Phase zu durchlaufen.

Außerdem sind zu kleine Grundflächen oder Liegeflächen oftmals ein Problem, was Pferde daran hindert, ihrem natürlichen Schlafbedürfnis nachzukommen. Hier sollten die Leitlinien des BMELV in keinem Fall unterschritten werden. Dies gilt nicht nur für die Boxenhaltung, sondern insbesondere auch für die Gruppenhaltung. Eine Vergrößerung der Grundfläche der Box hat laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2006 einen positiven Effekt auf das Liegeverhalten der Pferde. Als tiergerechten Liegebereich gelten nur eingestreute Liegeflächen. Somit entfallen Beton, Matschauslauf und Gummimatten ohne Einstreu.

Pferde mit einem REM-Schlafmangel entwickeln eher Stereotypien. Diese entstehen häufig durch unpassende Haltungsbedingungen und bei Pferden die sich in ihrer Umgebung nicht wohlfühlen. So erscheint es einleuchtend, dass Pferde mit Stereotypien einen REM-Schlafmangel entwickeln oder andersrum. In einer Untersuchung von 2012 fand man bei 59 Pferden aus Einzelhaltung heraus, dass ein Viertel von ihnen depressive Symptome, ähnlich wie bei Menschen, zeigten.

Nachfolgend die Zusammenfassung der Empfehlungen aus der Dissertation zum Stallmanagements und dem Haltungssystem von Pferden:

  • Haltungssystem: Generell erfüllt die Gruppenhaltung die artspezifischen Bedürfnisse der Pferde besser als die Einzelhaltung (ZEITLER-FEICHT, 2013b). Die Gruppenhaltung ist allerdings nur dann zu akzeptieren, wenn auch rangniedere Tiere weitgehend stressfrei leben und ihre Bedürfnisse befriedigen können (FADER, 2002). Es bestehen interindividuelle Differenzen bezüglich der Stressbelastung von Pferden in unterschiedlichen Haltungssystemen, sodass sich nicht alle Pferde, unabhängig von Alter, Geschlecht, Rasse und Nutzungsgrad für die Gruppenhaltung eignen (NIEDERHÖFER, 2009). Die Paddockbox („Außenbox mit angeschlossenem Kleinauslauf“) gilt als die pferdefreundlichste Variante der Einzelhaltung. Sie ist für Pferde aller Rassen und Nutzungsrichtungen geeignet, die nicht in der Gruppe gehalten werden sollen oder können (ZEITLER-FEICHT, 2013b).
  • Flächenangebot: Die Grundfläche der Box/ Liegefläche in der Gruppenhaltung sollte das Doppelte bis Dreifache der Empfehlungen der Leitlinien aufweisen (6x Widerristhöhe²) (BAUMGARTNER et al., 2015). Die Liegedauer verlängert sich mit zunehmender Liegefläche (FADER, 2002). In der Gruppenhaltung sollten insgesamt mindestens 331 m² pro Pferd zur Verfügung stehen, um aggressives und submissives Verhalten auf ein Minimum zu reduzieren (KRÜGER & FLAUGER, 2013).
  • Einstreu: Gummimatten müssen zumindest minimal mit Einstreu bedeckt sein, um als tiergerecht zu gelten (BAUMGARTNER et al., 2015). Stroh ist als Material in Bezug auf die Liegedauer Holzspänen vorzuziehen (RIEMANN PEDERSEN et al., 2004). Bei restriktiver Fütterung in der Gruppenhaltung kann allerdings Unruhe entstehen, wenn die Stroheinstreu zum Fressen genutzt wird. Besonders bei rangniedrigen Tieren kann das dazu führen, dass Liegephasen häufig unfreiwillig beendet werden oder die Pferde sich gar nicht erst trauen, sich abzulegen.
  • Gruppenzusammenstellung: Besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, dass auch rangniedere Tiere ihre Bedürfnisse befriedigen können. Sozialdistanzen müssen eingehalten werden können. Es sollten verschiedene Liegestellen angeboten werden, die durch zusätzliche Raumteiler allen Tieren sicheres Ruhen ermöglichen. Je länger die Tiere der Gruppe angehören, desto länger ist ihre Liegezeit (FADER, 2002). Daher ist die Fluktuation in einer Gruppe so gering wie möglich zu halten. Zeigt sich ein Pferd in der Gruppe vermehrt aggressiv, so kann es sinnvoll sein, dieses Tier aus der Gruppe zu entfernen.
  • Zeitmanagement: Je intensiver die Haltungsform, desto mehr passen Pferde ihre Verhaltensweisen dem durch „exogene“ Zeitgeber (z. B. Stallarbeiten, Geräusche, Nutzung) vorgegebenen Tagesablauf an (IHLE, 1984). Da die meisten Liegephasen sowohl in der Einzel-, wie auch in der Gruppenhaltung zwischen 0.00 Uhr und 6.00 Uhr auftreten, sollte in dieser Zeit absolute Stallruhe herrschen. Auch in der warmen Jahreszeit sollten die Pferde im Hinblick auf ungestörtes Liegeverhalten nicht vor 6.00 Uhr auf die Weide gebracht werden. Da die Liegezeit zugunsten der Futteraufnahme signifikant abnimmt (FADER, 2002), ist außerdem die Praxis der Einzelhaltung in der Box tagsüber mit nächtlichem Weidegang im Sommer nicht zu empfehlen.
  • Stressfaktoren: Stressfaktoren wie zum Beispiel Stallwechsel, Turniere, wechselnde Boxennachbarn, wechselnde Gruppenzusammenstellung, Restriktion der Rauhfutteraufnahme, sollten so weit wie möglich vermieden werden. Bei Gruppenhaltung kann die Einzelaufstallung in einer großzügigen, dick eingestreuten Box über Nacht vor allem für rangniedere Pferde den Stresslevel reduzieren. Bei Stress durch soziale Isolation kann ein festes Partnerpferd Abhilfe schaffen.
  • Stereotypien: Stereotypien sind Ausdruck von Leiden und müssen unbedingt adressiert werden. Hierzu sollte der Rat eines professionellen Verhaltenstherapeuten in Anspruch genommen werden. Da das Verhalten häufig residual-reaktiv ist, besteht die Möglichkeit, dass das Verhalten in einem vorangegangenen Haltungssystem erworben wurde und trotz optimaler aktueller Haltungsbedingungen nicht abgelegt wird.
  • Verletzungen: Solange der Auslöser für den atonischen Kollaps bzw. den REM-Schlafmangel nicht identifiziert ist, müssen Verletzungen durch den Sturz bestmöglich verhindert werden. Eine dicke Strohmatratze kann den Aufprall etwas abfedern. Häufig zeigt die Videoüberwachung, dass sich die Pferde vor dem Kollaps immer gleich positionieren. Stürzen sie gegen die Boxenwand, so kann versucht werden, diese zu polstern. Die Gliedmaßen können durch dick gepolsterte Transportgamaschen vor Verletzungen geschützt werden.

Fazit:

Abschließend lässt sich zusammenfassend sagen, dass es wie in vielen Fällen auf eine möglichst artgerechte, dem einzelnen Pferd angepasste Haltung, Bewegung und Fütterung ankommt. Pferde leiden oftmals „stumm“ vor sich hin und erste Anzeichen werden erst bemerkt, wenn das Pferd seine aktuelle Lebenssituation kaum noch auszuhalten vermag. Kennt man die oben beschriebenen Erkenntnisse, fällt es uns Pferdeleuten vielleicht etwas leichter zu erkennen, ob auch unser Pferd davon betroffen ist. Wir können dann frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um unseren Pferden das Leben und seinen Schlafbedarf wieder zu erleichtern und ihm sein Wohlfühlgefühl zurückgeben. Denn darauf kommt es an. Ein leistungsfähiges und lebensfrohes Pferd benötigt ausreichend Regenerationsphasen und Schlaf.


Quellen: https://www.mein-pferd.de/pferdegesundheit/frage-des-monats-narkolepsie/; Narkolepsie oder REM-Schlafmangel? 24-Stunden-Überwachung und polysomnographische Messungen bei adulten „narkoleptischen“ Pferden, Christine Fuchs, https://edoc.ub.uni-muenchen.de/20588/; Untersuchungen zu Schlafstörungen beim Pferd: Narkolepsie versus REM-Schlafmangel, Lena Charlotte Kiefner, https://edoc.ub.uni-muenchen.de/19431; /1/Kiefner_Lena%20Charlotte.pdf; http://www.cavallo.de/pferde-medizin/pferdemedizin-kopf-bis-huf/schlafstoerungen-bei-pferden-so-helfen-sie.1657476.233219.htm; https://www.reiten-weltweit.info/2011/narkolepsie-wenn-das-pferd-einfach-einschlaeft/