Magengeschwüre bei Pferden werden in der Fachsprache als Equine gastric ulcer syndrome (EGUS) bezeichnet – hierbei handelt es sich um einen übergeordneten Begriff, der noch keine genauen Rückschlüsse auf den Ort des Geschehens zulässt.Aufbau des Pferdemagens

Heutzutage werden Magengeschwüre bei Pferden aufgrund der Lokalisation und des unterschiedlichen Erscheinungsbildes in zwei Krankheitsbilder untergliedert:

  • ESGD = Equine squamous gastric disease
  • EGGD = Equine glandular gastric disease

Während es sich bei ESGD um Läsionen im Bereich der kutanen, drüsenlosen Schleimhaut des Pferdemagens handelt, bezeichnet die Abkürzung EGGD Läsionen in der drüsenhaltigen Schleimhaut des Magens (siehe Abbildung).

Die Entstehung und die Behandlungsstrategien von Magengeschwüren im Bereich der kutanen, drüsenlosen Schleimhaut (ESGD) sind heutzutage gut erforscht, wohingegen Magengeschwüre im Bereich der drüsenhaltigen Schleimhaut (EGGD) noch viele Fragen aufwerfen.


Kennen Sie die Unterschiede zwischen unserem Magen und dem unserer Pferde?

  • Der relativ kleine Pferdemagen ist im Gegensatz zu dem Magen des Menschen kaum dehnungsfähig.
  • Er untergliedert sich in einen kutanen, drüsenlosen und einen drüsenhaltigen Teil, wohingegen der des Menschen durchgehend mit einer drüsenhaltigen Schleimhaut ausgekleidet ist.
  • Die Produktion der Magensäure findet bei Menschen nur nach Bedarf statt, bei Pferden hingegen permanent, da sie als Dauerfresser an eine kontinuierliche Zufuhr kleiner Futtermengen angepasst sind.

Warum ist die Lokalisierung des Magengeschwürs wichtig?

ESGD und EGGD können sowohl getrennt als auch gemeinsam bei einem Pferd auftreten. Eine sichere Diagnose kann nur mittels einer Gastroskopie gestellt werden. Die Unterscheidung, ob ein Magengeschwür im Bereich der kutanen, drüsenlosen oder der drüsenhaltigen Schleimhaut vorliegt, ist wichtig, da sich neben den Ursachen und Risikofaktoren auch die Behandlungsmöglichkeiten unterscheiden.

Magengeschwüre im Bereich der kutanen, drüsenlosen Schleimhaut (ESGD) können weiterführend in primäre und sekundäre ESGD untergliedert werden. Primäre ESGD entstehen, wenn die empfindliche Magenschleimhaut in diesem Bereich vermehrt der Magensäure oder auch zusätzlich den, während des Verdauungsprozesses entstehenden, flüchtigen Fettsäuren und Milchsäuren ausgesetzt wird. Bei primären ESGD zeigt der restliche Verdauungstrakt des Pferdes keine Auffälligkeiten.

Sekundäre ESGD bilden sich hingegen bei Pferden, die unter einer verzögerten Magenentleerung leiden, da folglich die kutane Schleimhaut vermehrt mit dem sauren Mageninhalt in Berührung kommt. Aufgrund des mangelnden Wissens über Magengeschwüre im Bereich der drüsenhaltigen Schleimhaut (EGGD) werden diese derzeit noch nicht weiter untergliedert. Es wird davon ausgegangen, dass bei den betroffenen Pferden die Schutzmechanismen der Schleimhaut beeinträchtigt sind. Dadurch kann die Magensäure die Schleimhaut schädigen und die anschließende Abheilung verzögern oder gar verhindern. EGGD äußern sich weniger als Geschwüre, sondern oftmals als entzündliche Läsionen.


Wodurch entstehen Magengeschwüre und wie äußern sich die Symptome bei Pferden?

Die Ursachen und auslösenden Faktoren für Magengeschwüre bei Pferden sind vielfältig. Fehler im Fütterungsmanagement (z. B. zu viel Kraftfutter, zu lange Fresspausen), Stress mit Artgenossen und Menschen, das Trainingspensum aber auch Magendasseln oder die Gabe von Schmerzmitteln gehören zu den möglichen Auslösern für Magengeschwüre. Auch die Symptome fallen sehr unterschiedlich aus und reichen beispielsweise von schlechter Futteraufnahme, rezidivierenden Koliken, Leerkauen, Flehmen und Leistungsminderung bis hin zu Verhaltensveränderungen und vermehrter Sensitivität der Haut.

Inwiefern die klinischen Symptome Rückschlüsse auf die Art des Magengeschwürs geben, bedarf noch einiges an Forschung – in der Vergangenheit wurde zwar eine Vielzahl an Daten über Symptome bei Pferden mit Magengeschwüren erhoben, allerdings wurde keine Unterscheidung zwischen Pferden mit ESGD und EGGD vorgenommen. In einer von Michael Hewetson (Royal Veterinary College) begleiteten Studie, stellten die teilnehmenden Besitzer von Pferden mit EGGD, im Gegensatz zu denen mit ESGD, eine deutlich erhöhte Sensitivität der Haut (Berührung, Gurten, Putzen, Eindecken etc.) fest. Zudem beobachtete Tim Brazil (Equine Medicine on the Move) bei Pferden mit EGGD eine vergleichsweise erhöhte Freisetzung von Cortisol (Stresshormon), wenn sie neuen Reizen ausgesetzt wurden. Daher wird von einem engen Zusammenhang zwischen dem Stresslevel der Pferde und der Entstehung von EGGD ausgegangen.

Erfahren Sie mehr über die Symptome, Ursachen und die richtige Fütterung bei Magengeschwüren: Magengeschwüre beim Pferd


ESGD und EGGD benötigen unterschiedliche Behandlungsstrategien

An erster Stelle der medikamentösen Behandlung durch den Tierarzt stehen sogenannte Protonenpumpenhemmer ("Säureblocker"), welche die Freisetzung der Magensäure aus den Belegzellen der Magenschleimhaut hemmen. Zur Behandlung von ESGD werden Protonenpumpenhemmer mit sehr guten Erfolgen eingesetzt. Auch EGGD werden mit diesen behandelt, allerdings liegt hier der Behandlungserfolg oftmals nur bei 25 % (Sykes et al., 2015). Daher wird bei EGGD eine Kombinationstherapie, bestehend aus einem Protonenpumpenhemmer und einem schleimhautschützenden Wirkstoff (bildet eine schützende Barriere und regt die Magenschleimsekretion an), angeraten. Eine kombinierte Verabreichung erhöhte laut verschiedener Studien die Heilungschancen deutlich auf über 60 %.


Nach der Behandlung ist vor der Behandlung

Doch eine medikamentöse Therapie ist nur dann von langfristigem Erfolg, wenn die Ursachen für die Entstehung der Magengeschwüre beseitigt werden! Neben einem angepassten, pferdegerechten Fütterungsmanagement sollte auch die Vermeidung von jeglichem Stress im Vordergrund stehen.
Nach einer abgeschlossenen Therapie durch den Tierarzt, empfiehlt sich aus ernährungstherapeutischer Sicht die Fütterung eines Magenschutzes (z. B. GastroCare Plus oder MagenRegulat) für weitere 2 - 4 Monate.

Die genaue Lokalisierung von Magengeschwüren bei Pferden kann eine wichtige Rolle in der Therapie spielen – nicht nur die Risikofaktoren und Ursachen, sondern auch die Behandlungsstrategien, unterscheiden sich zwischen Magenschleimhautläsionen in der kutanen, drüsenlosen Schleimhaut (ESGD) und der drüsenhaltigen Schleimhaut (EGGD) des Pferdemagens.


Quellen: Beckstett, A. (the Horse 2020): Not Your Average Equine Ulcer, Online Ressource: https://thehorse.com/173644/not-your-average-equine-ulcer/, Abruf 18.02.2021; Beckstett, A. (the Horse 2020): Veterinarians Discuss Gastric Ulcer Treatment Strategies for Horses, Online Ressource: https://thehorse.com/185445/veterinarians-discuss-gastric-ulcer-treatment-strategies-for-horses/, Abruf 18.02.2021; Böke, B. (Cavallo 2020): Was tun, wenn das Pferd Magenschmerzen hat?, Online Ressource: https://www.cavallo.de/medizin/was-tun-wenn-das-pferd-magenschmerzen-hat/, Abruf 18.02.2021; Edited Press Release (the Horse 2020): Checking for Equine Gastric Ulcers, Online Ressource: https://thehorse.com/118369/checking-for-equine-gastric-ulcers/, Abruf 18.02.2021; Ehlers K., Albrecht Uhlig, Stephan Recknagel, Snyder A., Breuer J., Arnold C., Graneß N., Schusser G. F. (2016): Schleimhautläsionen im Bereich des Pylorus – Retrospektive Studie an 315 Pferdepatienten (2004–2013), Pferdeheilkunde, Nr. 32, S. 96-102; Larson, E. (the Horse 2018): Gastric Ulcers in Horses: 30 Years of Research, Online Ressource: https://thehorse.com/163371/gastric-ulcers-in-horses-30-years-of-research/, Abruf 18.02.2021; Schwarz, B. (2020): Magengeschwür ist nicht gleich Magengeschwür: Wie sich die Lokalisation der Magengeschwüre beim adulten Pferd auf Therapie und Prognose auswirkt, Der Praktische Tierarzt, Nr. 101, S. 858-871; Schwarz, B. (2020): Geschwür erkannt, Gefahr gebannt - Magenulcera beim Pferd, Online Ressource: http://video.vet-webinar.com/Unterlagen/D/2020/D_20_05_13_Magenulcera_beim_Pferd.pdf, Abruf 18.02.2021; Sykes, B. W. et al. (2015): European College of Equine Internal Medicine Consensus Statement - Equine Gastric Ulcer Syndrome in Adult Horses, Journal of veterinary internal medicine, Nr. 29 (5), S. 1288-1299