So langsam fallen die Temperaturen unter die 0-Grad-Marke und klettern auch tagsüber in den höheren Regionen nicht mehr deutlich über die magische Null. Von Ende Dezember bis meist Mitte Februar lässt der harte Frost auch die Böden bis in die Tiefe steinhart gefrieren. In der freien Wildnis bedeutet dies für Wildpferde mitunter die härteste Zeit. Das tägliche Futter liegt häufig unter einer dicken Schneedecke und die Wasserstellen sind mit einer dicken Eisschicht überzogen. Nur noch einige fließende Gewässer bieten vereinzelt Stellen, wo das kalte Nass in Bewegung bleibt und Trinkwasser für die Pferdeherde bereitstellt.

Ist gefrorenes Futter gefährlich für Pferde?Bei Wildpferdeherden, die der Natur überlassen werden – also wo der Mensch nicht mit einer Winterfütterung eingreift – und Temperaturen von - 40 °C keine Seltenheit sind, kann ein langer, kalter Winter eine Herde um fast 50 % dezimieren. Diese Beobachtung machte man zumindest bei einer im Jahre 2003 in Zentralasien ausgewilderten Przewalski-Pferdeherde. Im harten Winter 2009/10 überlebten nur 40 % der Urwildpferde. Heute stehen diese Herden stärker unter Beobachtung und der Mensch greift notfalls ein, um das Auswilderungsprojekt nicht scheitern zu lassen. Eine interessante Beobachtung wurde bei den Jakutenpferden gemacht – eine Pferderasse deren Ursprung in der Mongolei vermutet wird. Diese Pferde leben in einer der härtesten Klimazonen unserer Welt – in Sibirien. In den Wintern, bei annähernd bis zu - 70 °C, ist praktisch keine Futtersuche unter einer hohen Schneedecke mehr möglich. Die Pferde haben bis in den Herbst hinein eine dicke Fettschicht angelegt und werden mehr oder weniger von diesem Speicher genährt.

Bei diesen Wildpferden, aber auch bei den Dülmener Pferden, konnte festgestellt werden, dass Wildpferde regelrecht in einen Winterschlaft verfallen können. Der Stoffwechsel der Pferde wird massiv heruntergefahren und die damit einhergehende geringere Durchblutung hält die Wärmeverluste unter der 10 cm dicken Fellschicht gering. Wiener Wissenschaftler fanden heraus, dass die von ihnen beobachtete Przewalski-Pferdeherde ihre Körpertemperatur im äußeren Bereich bis auf 25 °C (im Mittel waren es 32 °C) herunterkühlte. Im Regelfall passiert dies aber immer erst dann, wenn das Futterangebot knapp wird oder unerreichbar unter einer hohen Schneedecke liegt. Also besonders in den Monaten Januar bis Februar. Dieser „Winterschlaf“ hat allerdings auch einen Nachteil – die Pferde werden zur leichten Beute für Wölfe und andere Raubtiere, da sie in diesem Modus ein verlangsamtes Fluchtverhalten an den Tag legen. Durch den verlangsamten Stoffwechsel ist auch die Verweildauer des Futters deutlich länger. Bei sehr kalten Temperaturen stehen sie so über Tage häufig dicht gedrängt aneinander, um sich vor der eisigen Kälte zu schützen. Nur selten – wenn es regnet oder feuchter Nebel das Fell mit Feuchtigkeit durchtränkt – suchen Wildpferde einen Wald auf, da sie hier eher den Angriffen von Raubtieren ausgesetzt sind, weil einzelne Pferde leichter aus dem Herdenverband getrieben werden können.

Unsere Hauspferde haben es bezogen auf die sibirische Kälte und das karge Futterangebot deutlich einfacher. Bei uns liegt das Gras nicht unter einer dicken Schnee- und Eisschicht und es muss nicht mühsam mit den Hufen hervorgeholt werden. In der Regel werden unsere Pferde ausgiebig mit Heu oder Heulage versorgt und kommen eher aufgrund der Bewegungsanreize auf eine im Winter schneebedeckte Pferdeweide. Hier erreichen uns immer wieder Anfragen, ob das ggf. noch gefrorene Gras denn nicht auch gefährlich für Pferde sei.


Gefrorenes Weidegras bzw. Gras unter einer Schneedecke – dürfen Pferde davon fressen?

Grundsätzlich hat gefrorenes Gras keine gesundheitlichen Auswirkungen auf die Verdauungsprozesse, wenn allein die Kälte als Argument herangezogen wird. Pferde schlingen ihr Futter nicht, sondern kauen es sehr intensiv, bevor sie es abschlucken. Das Weidegras, genauso wie gefrorenes, vorab gewaschenes Heu, taut bereits in der Maulhöhle auf. Versuchen Sie es selbst einmal: Nehmen Sie einen Bund Petersilie und frieren Sie diesen in der Gefriertruhe ein. Nachdem Sie von dem nun steinhart gefrorenen Gewürzkraut einen ordentlichen Bissen intensiv kauen, werden Sie merken, wie schnell Ihr warmer Speichel und Ihre Mundhöhle die Petersilie auf Temperatur bringen. Häufig liest man in unterschiedlichen Veröffentlichungen, wie gefährlich gefrorenes Gras für die Pferde ist, da das kalte Futter für Koliken usw. verantwortlich sei. Diese Theorie ist nie untersucht worden und schwer vorstellbar, da Pferde wohl kaum überlebt hätten, wenn gefrorenes Gras am Ende solche Auswirkungen mit sich bringt. Pferde werden bei entsprechendem Angebot, sehr selektiv, die Grasarten aufnehmen, die auch verdaut werden können. Auch wenn Schlittenhunde in der Arktis oder andere Tiere eine andere physiologische Verdauung aufweisen, sind sie dennoch Säugetiere – sie fressen auch gefrorenes Fleisch oder Früchte ohne dabei Schaden zu nehmen.

Die im Weidegras vorhandenen Inhaltsstoffe werden durch die Kälte nicht nachhaltig beeinflusst. Wissen sollte man, dass das Weidegras im Spätherbst grundsätzlich etwas an Energie und Eiweiß verliert und der Vitamingehalt abnimmt, da die Nährstoffversorgung für die Graslandschaft in den späten Herbstmonaten zurückgeht. Verändern dürfte sich auf jeden Fall der Anteil leicht verdaulicher Kohlenhydrate zu Ungunsten insbesondere vorbelasteter Pferde. Mit dem ersten Frost entwickeln Pflanzen einen eigenen Frostschutz, indem langkettige Kohlenhydratketten (z. B. Pektine, Fruktane, Stärke usw.) in kurzkettige niedermolekulare Verbindungen umgewandelt werden (z. B. Glukose), um ihr pflanzliches Frostschutzmittel zu produzieren. Inwieweit dies für alle Grasarten zutrifft ist nicht untersucht worden. Dennoch können diese Zuckerverbindungen bei Pferden zu massiven Verdauungsstörungen und Hufrehe führen.

Eine solche Winterweide ist nur dann sinnvoll, wenn die Pferde vorsichtig an diese Situation herangeführt und Pferde mit Vorbelastungen (EMS, Diabetes Typ 2, Glukoseintoleranz, PSSM, Cushing) sicherheitshalber im Stall bzw. Paddock gelassen werden. Daneben können diverse Schimmelpilze, die unter einer Schneedecke oder daniederliegendem Gras entstehen, massive Belastungen für den Entgiftungsstoffwechsel bedeuten. Wildpferde kennen ihre Areale und wissen, welches Futter im Winter gut für sie ist. Pferden in der „Gefangenschaft“ mit eingeschränktem und sehr einseitigem Futterangebot ist diese Eigenschaft weitestgehend verloren gegangen.

So bleibt als Fazit festzuhalten, dass gefrorenes Gras nicht zwingend problematisch sein muss. Dennoch sollten stoffwechselbelastete Pferde von diesen Weiden fernbleiben und alle anderen vorsichtig daran gewöhnt werden, wenn diese nicht dauerhaft Zugang zu solchen Weiden hatten.


Wie kalt darf Wasser für Pferde im Winter sein?

Auch hier lohnt wieder ein Blick auf unsere Wildpferde. Wäre eiskaltes Wasser am Ende schädlich für unserer wildlebenden Vierbeiner, hätten sie nicht überlebt. Trinkbares Wasser hat eine Temperatur von mindestens 0 bis 4 °C. Kälteres Wasser gefriert und steht dann auch den Wildtieren nicht mehr zur Verfügung. Die Wildpferde kennen ihre Wasserstellen sehr gut und wissen, wo auch bei frostigen Temperaturen Wasser zu finden ist. Gefährlich wird es auch für Wildpferde, wenn die Wasserstellen einfrieren – genauso wie für unsere domestizierten Pferde. In den kalten Monaten kommt es auch in unseren Ställen zu massiven Koliken, weil die Trinkstellen einfrieren oder managementbedingt bei Frost einfach geringere Mengen an Wasser bereitgestellt werden.

Es mag mühsam sein, ausreichende Wassermengen im Winter an die Ställe zu bringen, deren zentrale Versorgung frostbedingt gekappt wurde – aber zu wenig Wasser erhöht die Gefahr einer lebensbedrohlichen Kolik für das Pferd um ein Vielfaches. Ebenso gefährlich ist es, wenn Pferde nach intensivem Training durstig an die eiskalten Wasserbottiche gelassen werden und dort erstmal einen kräftigen Zug davon nehmen. Eiskaltes Wasser wird dann zu schnell getrunken und kann massive Magen- und Verdauungsprobleme hervorrufen. Verabreichen Sie sehr durstigen Pferden zunächst etwas handwarmes Wasser und sorgen Sie im Winter dafür, dass ganztägig ausreichend Wasser (40 Liter je Pferd) in guter Qualität bereitsteht.


Gefrorenes Obst oder Gemüse für das Pferd!

Pferde können mit ihrem Gebiss auch auf gefrorene Äpfel oder Karotten so hohen Druck ausüben, dass diese zerkleinert werden. Die Gefahr, dass dabei die Zähne brechen (insbesondere bei alten Pferden) oder zu große abgeschluckte Stücke eine Schlundverstopfung auslösen, ist immens groß. Daher sollten diese „Leckereien“ nur im aufgetauten Zustand verfüttert werden.