Wie giftig ist der Tannenbaum wirklich, wenn er an Pferde verfüttert wird?Die Fernsehwerbung von Ikea erinnert uns alljährlich daran, dass es Zeit wird in unserem Wohnzimmer wieder Platz zu machen. Bis zum 6. Januar kannst Du Dich in einzelnen Filialen des Möbelgiganten im Weitwurf eines Tannenbaumes messen lassen. Aber wohin mit unserem eigenen Baum? Bei uns Pferdebesitzern stellt sich traditionell jedes Jahr die Frage: Darf ich meinen Weihnachtsbaum an die Pferde verfüttern? Die Antwort darauf fällt im Netz ganz unterschiedlich aus.


Giftige Alkaloide (Harze und Öle) belasten Pferde!

Grundsätzlich gibt es bei den Weihnachtsbäumen unterschiedliche Arten und daher kleine Unterschiede in der Beurteilung der Giftigkeit der Nadelhölzer. Heimische Fichten und Tannen sind in der Regel etwas harmloser als Bäume aus anderen Regionen. Halten wir zunächst fest, dass Tannen oder Fichten eigentlich auch in der Natur nicht zum Speiseplan der Pferde zählen. Tannen bzw. Nadelhölzer haben zum Schutz gegen Fressfeinde einiges zu bieten (Harze und ätherische Öle). In diesen Harzen bzw. Ölen befinden sich sogenannte Phytamine. Diese Phytamine in Pflanzen (z.B.Flavonoide, Anthocyane, Polyphenole aber auch ungesättigte Fettsäuren) werden als sekundäre Pflanzenstoffe bezeichnet und in der traditionellen Heilkunde als wirksame Helfer angewendet. Die stickstoffhaltigen Alkaloide (basisch und wasserlöslich – daher leicht verstoffwechselbar) werden zusätzlich zum Schutz gegen Parasiten und Fressfeinde gebildet. Rund 75 % der in den Pflanzen enthaltenen Alkaloide sind toxisch und stark nieren- und leberschädigend. Unsere Tannenbäume (überwiegend Nord- und Blautannen gehören zu den Kiefergehölzen) sind reichlich mit Terpentin versehen. Seriöse Heilkundebücher raten von einer innerlichen Anwendung sogenannter Terpentinöle – ohne ärztliche Aufsicht – dringend ab. Für Kleinkinder und Babys sind bereits geringe Mengen lebensbedrohlich.


Pestizide (Glyphosat) belasten die Pferdegesundheit

Leider sind auch etliche Tannenbäume in Plantagen groß geworden und oft stark mit Pestiziden usw. belastet. In einer vom BUND 2014 angelegten Studie hat man bei über der Hälfe der auf den Märkten verkauften Bäume Agrarchemikalien (Glyphosat oder/und Prosulfocarb) gefunden. Im Jahr 2011 untersuchte Christbäume waren sogar mit bereits verbotenen Herbiziden belastet. Somit wird deutlich, dass neben der pflanzlichen Nieren und Leber belasteten Wirkstoffe auch Agrargifte hinzukommen können. Mittlerweile gibt es Nadelhölzer aus „Öko-Weihnachtsbaumplantagen“. Zumindest waren diese herbizidfrei.


Der Tannenbaum ist kein Futter für Pferde!

Der Nährwert eines Tannenbaums ist marginal. Die insbesondere in den Nadeln und Rinden enthaltenen problematischen Gerbstoffe sollten hier berücksichtigt werden. Immerhin belasten sie den Verdauungs- und Entgiftungsstoffwechsel des Pferdes. An Wildpferden kann beobachtet werden, wie sie bei kargem Futterangebot in den Herbst- und Wintermonaten auch immer wieder Tannenspitzen fressen. Die hohe Toxizität wird dann mit den wurmtreibenden Eigenschaften „schön“ geredet. Für mich ein Hinweis darauf, dass diese Alkaloide Schäden an Organismen anrichten können bzw. auch tun. Wer also auch sonst große Anstrengungen in eine gesunde und nachhaltige Fütterung seines Pferdes legt, streicht den Tannenbaum vom Speiseplan.

Giftig ja – aber: Wer 5 Pferden einen Weihnachtsbaum in den Auslauf wirft, wird nicht grundsätzlich die Gesundheit oder gar das Leben der Vierbeiner riskieren. Pferde sind als Pflanzenfresser in der Lage Tannine in moderaten Mengen zuverlässig "entgiften" zu können. .Trotzdem gibt es immer wieder einzelne Pferde, die mit Allergien oder Koliken auf die Terpene reagieren. Besonders problematisch sind darüber hinaus die am Baum vergessenen "Fremdkörper“ (Lametta, Drahtklammer, kleine Glaskugel). Werden diese versehentlich während des Fressens aufgenommen, sind lebensbedrohliche Verletzungen im Verdauungsapparat unvermeidbar.

Daher wird nun jeder Pferdebesitzer selbst entscheiden müssen, welches Risiko zu übernehmen er bereit ist. Als Ernährungsberater für Pferde kann ich dennoch nur grundsätzlich davon abraten. Der Nutzen steht in keiner Relation zu den hohen Gefahren, denen wir unsere Vierbeiner bei der Fütterung eines Tannenbaumes aussetzen.