Esparsetten-Cobs enthalten einen hohen Anteil an Tanninen - für Pferde nicht unbedenklich!Mittlerweile wird man in der Ernährungsberatung vermehrt mit der der Erbse verwandten Futterpflanze Esparsette konfrontiert. Bei genauer Betrachtung sind es nicht nur positive Eigenschaften, die man dieser sehr protein- und tanninreichen Futterpflanze nachsagt. Sondern wie so häufig hat dieser in Mode gekommene Süßklee (früher hatte man ihn für schwer arbeitende Pferde in der Landwirtschaft eingesetzt) eben auch eine Kehrseite.


Esparsette Cobs fürs Pferd – Sie sollten auch die Nachteile kennen!

In erster Linie geht es bei Pferden mit Stoffwechselproblemen darum, die Futtermengen bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen und die Futteraufnahme so zu gestalten, dass eine zu schnelle Aufnahme von leichtverdaulichen Kohlenhydraten (Zucker und Stärke) vermieden wird. Nicht vergessen sollte man aber während dieser ganzen Diskussion um den Zucker, dass auch die Futtereiweiße für Pferde im Stoffwechsel im Überfluss zu massiven Problemen führen können. In der Regel ist es weder der Zucker, das Fruktan oder das Futtereiweiß allein, welches Auslöser einer Rehe ist, sondern das ungünstige Zusammentreffen mehrerer Faktoren.

Ebenso darf nicht vergessen werden, dass trotz aller Diskussionen, Kohlenhydrate und Eiweiße grundlegend lebensnotwendige Nährstoffe sind, ohne die kein Stoffwechsel möglich ist. So bleibt am Ende immer die Abwägung und die Berechnung des Bedarfs und das Verhältnis von Energie (Kohlenhydrate, Fett) und Protein zueinander. Was damit gesagt werden soll ist, dass die nun in Mode kommenden Esparsette-Cobs zweifelsohne Vorteile gegenüber anderen Cobs bieten, die Nachteile sollten jedoch gerade bei der Verfütterung an vorbelastete Pferde gewissenhaft und individuell abgewogen werden.


Der hohe Eiweißgehalt in den Esparsetten-Pflanzen kann bei Pferden Verdauungsprobleme hervorrufen

Esparsette-Cobs für Pferde sind zuckerarm?

Gegenüber Heu- oder Wiesencobs haben die Presslinge aus dem Leguminosenheu bis zu 50 % weniger Zucker und Stärke. Hierzu habe ich etliche Nährwerttabellen unterschiedlicher Sorten (es gibt hiervon über 130 Arten – 4 bis 6 werden aber nur in der Landwirtschaft eingesetzt) gewälzt. Bei keiner konnte ein Zuckergehalt unter 4,5 % ermittelt werden. Die von den Pferdefutterherstellern angepriesenen Esparsetten liegen laut deren Angaben erstaunlicherweise zwischen 0,1 und 2,5 % – bei vielen fehlt aber auch diese Angabe. Ich zweifle daran, dass diese Angaben korrekt sind. Dennoch kann selbst bei dem von mir recherchierten Zuckergehalt von einer unproblematischen Zufuhr, selbst bei Pferden mit Vorbelastung (EMS, Diabetes, Blutzuckerintoleranz) ausgegangen werden.


Esparsette-Cobs – wie wertvoll und sinnvoll ist die hoch gepriesene Eiweißquelle?

Grundsätzlich ist der Bedarf an Eiweiß (Aminosäuren) bereits bei reiner Heufütterung oder Weidegang gedeckt. Sportlich sehr aktive Pferde, Zuchtstuten, Deckhengste oder heranwachsende Jungpferde haben i.d.R. einen erhöhten Eiweißbedarf. Hier kann es bei reiner Heufütterung oder überständigen Pferdeweiden zu einem Mangel an essenziellen Aminosäuren kommen. In solchen Fällen ist eine zusätzliche native Quelle eiweißreicher Futter wie z.B. Leinsamen, Soja, Erbsenmehl, Luzerne oder Esparsette sinnvoll. Auch ältere Pferde haben aufgrund eines häufig verlangsamten Stoffwechsels einen erhöhten Bedarf. Zwar enthalten Esparsette-Cobs für Pferde einen beachtlichen Anteil an verdaulichen Proteinen, aufgrund der hohen Anteile der Gerbstoffe in der Pflanze ist aber am Ende die Bilanz der verwertbaren Proteine nicht besser als bei den bereits erwähnten und bewährten Eiweißquellen. (Y. Arrigo, A Scharenberg – Schweiz)

 

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Merke:

Bei den meisten Pferden ist die Eiweißversorgung bereits über das normale Maß hinaus sichergestellt. Zu viel Eiweiß belastet den Entgiftungsstoffwechsel und behindert die Aufnahme von Nähr- und Vitalstoffen sowie die Synthese wichtiger B-Vitamine.

 

Tannine sind nicht nur wurmtreibend!

Tannine sind zu den Sekundärmetaboliten gehörende Polyphenole. Diese besitzen in der Pflanze eine spezifische Funktion. Sie schützen diese gegen Fressfeinde, Schädlinge und konkurrierende Pflanzen. Tannine werden daher als Antinährstoffe bezeichnet. Dieser Gerbstoff ist in der Lage Verdauungsenzyme zu binden und in ihrer Funktion zu hemmen. Sie verbinden sich mit den Proteinen der Darmschleimhaut und beeinträchtigen somit die Funktion Nährstoffe zu resorbieren (Lindner 1990). Durch Tannine festigt sich die Darmschleimhaut mittels Koagulationsdeckschicht und führt dazu, dass die Resorptionskapazität herabgesetzt wird. Diesen Vorgang nutzt man bei Durchfällen, da dieser Schleimhautschutz auch verhindert, dass durch die Dysbiose entstehende Toxine aufgenommen werden können. Im Unterschied zu Wiederkäuern reagieren Pferde wesentlich empfindlicher auf diesen einerseits heilkundlich nutzbaren aber auch über längere Zeit hoch dosiert sehr giftigen Pflanzenstoff Tannin. Akute Krankheitsanzeichen sind Fressunlust, apathisches Verhalten, starker Durst, Verstopfung, Blähungen, blutiger Durchfall, Mattheit und Taumeln. Selten treten beim Pferd Nierenschädigungen (erhöhter Harnabsatz), Blutkörperchenzerfall, Ödeme, eine verminderte glomeruläre Nierenfiltration bis hin zum Nierenversagen auf. Auch Darmparasiten reagieren auf diesen sekundären Pflanzenstoff und verlassen bei entsprechend hoher Dosierung den Wirt. (Denken Sie aber daran, dass der Wurm unterschiedliche Stadien durchwandert und die Gerbstoffe in den Esparsette-Cobs nur im Darm – vorwiegend Dünndarm – wirken. Aber auch nur so lange sie gefüttert werden.) Nachhaltig und zuverlässig entwurmen können Sie damit nicht, und nebenwirkungsfrei ist diese Art der Entwurmung leider auch nicht. Tannine lassen auch die Vitamin B1 Synthese zusammenbrechen und Vitamin B1 wäre ja für den Kohlenhydratstoffwechsel so wichtig.

Resümee: Ich persönlich halte daher Esparsette-Cobs insbesondere für Pferde mit Stoffwechselproblemen für sehr ungeeignet (tägliche Menge > 20 Gramm/100 kg LM). Auch wenn der Gehalt an essenziellen Aminosäuren in den Esparsette-Pflanzen gelobt wird, unter Berücksichtigung des anzustrebenden PEQ-Verhältnis von 5,7 : 1 die Anteile an Aminosäuren bei der empfohlenen Tagesmenge problematisch hoch (siehe: Diätetik beim Pferd - Dr. Zeyner). Am Ende belastet dies die Entgiftungsorgane. Ganz zu schweigen davon, dass die sekundären Pflanzenstoffe (hier insbesondere Tannine) mit großen Nachteilen behaftet sind.

Ich könnte mich zu einer kurweisen Anwendung von max. 2 bis 3 Wochen überreden lassen, da Tannine bei der Bekämpfung von Darmparasiten oder Verdauungsproblemen ganz hilfreich sind - aber als Langzeitfutter für fettleibige Pferde oder Pferde mit Stoffwechselproblemen halte ich das Futter grundsätzlich für sehr bedenklich. Bestenfalls sollte diese Futterpflanze nicht mit Mineralfutter oder Medikamenten kombiniert werden, da der hohe Anteil an Gerbstoffen die Aufnahme stark behindert.

29.08.2018 – Folgend eine Ergänzung von unserem Ernährungsberater Thomas Kranz:

Als dieser Artikel über die Esparsette vor zwei Jahren erschien, war die Aufregung groß. Verständlich, da viele Futterhändler mit der Esparsette gutes Geld verdienen. Es liegt mir fern Panik zu machen, dennoch kann ich persönlich dieser Futterpflanze nur wenige positive Eigenschaften abgewinnen. Gerne wird damit argumentiert, dass die Esparsette überwiegend sogenannte kondensierte Tannine enthält und mit diesen kein Problem bestünde, dies sehe ich anders. Beispielsweise in der Eichel sind es ebenso die kondensierten Tannine, die einerseits eine heilende Wirkung haben, andererseits für Pferde sehr gesundheitsschädlich werden können. Hingegen die Wirkung bei anderen Monogastriern wie z.B. Wildschweinen anders ausfällt.


Zur Argumentation: kondensierte Tannine gegenüber sogenannten hydrolysierten Tannine

In der Esparsette kommen beide Formen der Tannine vor. Hydrolysierte und kondensierte Tannine zählen beide zu den Gerbstoffen und befinden sich in der Pflanze als natürliche Abwehr gegen Fressfeinde und Parasiten.

Versuche zu den proteinbindenden Eigenschaften der kondensierten Tannine wurden lediglich bei Wiederkäuern und Schweinen vorgenommen. Bei Wiederkäuern konnte festgestellt werden, dass deren besonderer Verdauungstrakt das Problem des leberbelastenden Tannins – z.B. bei Kühen – verringern lies. Inwieweit die Fermentation im Verdauungstrakt der Wiederkäuer oder das tanninbindende Protein im Speichel der Tiere – die sehr viel tanninreiche Nahrung zu sich nehmen (Wildtiere: Rehe, Wildschweine) – voneinander abhängig sind, wurde nicht erforscht. Nachdem Pferde nur unter einem kargen Futterangebot überhaupt auf tanninreiche Futterpflanzen zurückgreifen, bin ich sehr skeptisch und sehe in der Futterpflanze Esparsette als dauerhaftes „Kraft“-futter keinen Nutzen – im Gegenteil.

Nun gibt es zwei Ansätze:

Ist diese "proteinbindende" Eigenschaft nur bei Wiederkäuern zu finden, wäre die Esparsette für bereits vorbelastete Pferde nicht geeignet, da der Überschuss an Eiweiß bereits bei normaler Fütterung ein Problem darstellt. Werden jedoch auch beim Pferd die Futtereiweiße gebunden, stellt man sich die Frage, warum mit dem nativen Gehalt an Aminosäuren (Eiweißen) geworben wird.

Ich gebe zu bedenken, dass es insbesondere der mikrobiellen Eigenschaft des Kuhmagens zu verdanken ist, dass Kühe einerseits auf kondensierte Tannine so positiv und andererseits auf hydrolysierte Tannine so empfindlich reagieren.

Pferde hingegen sind keine Wiederkäuer, was bedeutet, dass kondensierte Tannine für Pferde nicht unproblematisch sind. Die Eigenschaften der Tannine zeigen ihre positive Wirkung bei Kühen, da diese ihre Nahrung erst fermentieren, bevor sie in den Dünndarm gelangt. Bei Pferden hingegen gelangt die Nahrung in den Dünndarm und wird erst dann mikrobiell zersetzt.

Füttert man also etwas, was eigentlich nicht in dieser Menge auf dem Futterplan der Wildpferde stand, fragt man sich berechtigt: Braucht es mein Pferd wirklich?

Zu guter Letzt:

Kondensierte Gerbstoffe (Tannine) spielen in der Phytotherapie eine wichtige Rolle. Sie verfügen über eine adstringierende (austrocknende) Wirkung. Sie entziehen Bakterien, die sich auf Schleimhäuten befinden, den Nährboden. Sie verhindern das Eindringen von Bakterien und Pilzen (aber auch Nährstoffen) in das Gewebe (Darmschleimhaut) und wirken antimikrobiell. Nun diese Wirkung kann man sich auf jeden Fall zu Nutze machen, wenn man die Esparsette füttert. Nur wie mit allen Heilpflanzen, die einen hohen Gerbstoffgehalt aufweisen, sollte auch hier KEINESFALLS eine dauerhafte Fütterung vorgenommen werden.