Viele Pferde leiden an sog. Wohlstandskrankheiten. Regelmäßige Bewegung hilft!Sicher kennen Sie den Begriff „Zivilisationskrankheit“ beim Menschen – aber bei Pferden? Hier spricht man gerne und häufig von den Wohlstandskrankheiten und meint meist Stoffwechselentgleisungen wie Hufrehe, EMS, KPU oder Cushing, Diabetes oder Fettleibigkeit. Diese Krankheiten sind ursächlich nicht selten für zusätzlichen Leistungsabfall, Allergien der Haut und Atemwege sowie massive Störungen der Darmgesundheit oder der Entgiftungsleistung von Leber und Nieren verantwortlich. Die Pharma- und Futtermittelindustrie hat schon längst darauf reagiert und liefert eine Vielzahl von Medikamenten oder Ergänzungsfutter für das Pferd als Antwort darauf.


Bewegung beim Pferd ist nicht gleich Bewegung

Wie praktisch, dass es für jedes Wehwehchen am Pferd ein passendes Futter, eine natürliche Kräutermischung oder ein „mageres“ in Öl oder Melasse „getauchtes“ und überwiegend aus Heu oder/und Stroh bestehendes Müslifutter gibt. Auf keiner der Dosen oder Säcke steht, wie wichtig eigentlich die zusätzliche bzw. begleitende Bewegung des Pferdes wäre. Die Pflege und Fütterung des kranken Pferdes nimmt sowieso viel Zeit in Anspruch, das Pferd wird mittlerweile im Offenstall gehalten und hat jetzt endlich ausreichend Bewegung. Aber wie sieht die Aktivität des Pferdes denn streng genommen aus? Es steht 24 Stunden vor einer Heuraufe mit kleinen Maschenweiten, wo es sich mühsam Halm für Halm herausziehen darf. Im Sommer steht es auf abgefressenen Weiden oder eine Fressbremse hindert es daran, sich noch fetter zu fressen. Auch wenn heute Auslauf und Weide Platz zum Laufen böten – die Realität ist, dass die meisten Pferde länger denn je damit beschäftigt sind, die Futtermenge aufzunehmen, die sie brauchen.

Auch der Besitzer(in) selbst hat immer weniger Zeit für ihr/sein Hobby, da der Job, die Familie, das Fitnessstudio und das Wetter Gründe genug dafür sind, warum man heute sein Pferd nicht ausgiebig trainieren kann. Es hat ja Bewegung genug im Offenstall – theoretisch: Ja.

Das A und O bei einem Pferd mit EMS oder Cushing ist eine gezielte Bewegung bzw. regelmäßiges Training.Was jetzt sehr überspitzt dargestellt wird, ist in der Realität schon längst so Praxis. Aus Sicht der Ernährungsberatung bzw. der therapeutischen Ernährungsberatung für kranke Pferden liegt aber genau hier das Problem. Fast bei jedem kranken Pferd – ganz gleich ob Stoffwechsel, Gelenke, Sehnen oder Bänder oder Erkrankungen der Atemwege, des Verdauungstraktes usw. – ist eine Therapie über die Fütterung gezielter Ergänzungsfutter oder die Gabe spezieller Medikamente nur die halbe Miete. Um am Ende zufriedenstellende Ergebnisse beim kranken Pferd zu erzielen, spielt die auf das Krankheitsbild angepasste Bewegungstherapie eine ganz entscheidende Rolle. Nur verstehen die meisten Pferdebesitzer unter Bewegung nicht das, was Physiotherapeuten oder Pferdetrainer bzw. Ernährungstherapeuten unter einer therapieunterstützenden Bewegung verstehen.

Die Haltung der Pferde in einem Offenstall, das Longieren im Kreis, das minutenlange Traben und Galoppieren auf dem Reitplatz oder dem Laufband, der sonntägliche Ausritt mit dem Pferd oder die Führmaschine ist für Pferd und Reiter sicher keine schlechte Idee – aber mit Bewegung als Therapieansatz hat das meistens nichts zu tun.


Bewegungstherapie beim Pferd – wofür?

Neben dem Problem, dass unsere Pferde immer häufiger weniger bewegt und energiereicher gefüttert werden, riskieren wir nicht nur Gesundheitsprobleme beim Pferd, sondern schwächen die Aufnahmekapazität wichtiger Nähr- und Vitalstoffe. Bewegung ist, wie die Fütterung, ein wirkungsvolles Lebenselixier für das Pferd. Nur eine korrekt beanspruchte Muskulatur beeinflusst den ganzen Stoffwechsel positiv und unterstützt die Funktionen wichtiger Organe (Herz, Lunge, Leber, Nieren und Verdauungstrakt). Durch körperliche Anstrengung unter gleichzeitiger korrekter Muskelaktivierung wird sauerstoff- und nährstoffreiches Blut in die Zellen und Stoffwechselendprodukte zur Entgiftung oder weiteren Verwertung in die Organe transportiert. Mit regelmäßiger Bewegung wird also nicht nur der Muskel trainiert, sondern der gesamte Stoffwechsel arbeitet effizienter und beugt vielen Pferde-Problemen vor.


Mit der richtigen Bewegung die Heil- und Muskelkräfte beim Pferd fördern

Ein kleiner Ausflug in die Vorgänge des Muskelstoffwechsels macht deutlich, wie entscheidend die Art des Trainings für stoffwechselbelastete Pferde sein kann. Beim Pferd wird die Muskulatur in unterschiedliche Arten unterteilt. Hier spricht man von glatter oder quergestreifter Muskulatur und der Herzmuskulatur. Letztere, also die quergestreifte und auch das Herz bzw. die Herzmuskulatur sind für die Bewegungstherapie interessant. 45 % des gesamten Körpergewichts beim Pferd bestehen aus der Skelettmuskulatur (quergestreifte rote und weiße Muskelfasern). Die genaue Struktur – also das Verhältnis zwischen roten und weißen Muskelfasern sind nicht einheitlich und von der Rasse abhängig. Trainingsart bzw. Verwendung des Pferdes nehmen aber ebenso darauf Einfluss.

Besonders interessant für die Bewegung als Therapieansatz in der Ernährungsberatung sind die roten Muskelfasern. Diese nämlich haben einen höheren Myoglobingehalt und arbeiten unter Sauerstoffverbrauch. Eben weil die durch Kontraktion stärker und unter Sauerstoffschuld (anaerob) arbeitenden weißen Muskelfasern parallel mit angesprochen werden ist genau diese Erkenntnis des Zusammenspiels und das Wissen über die genauen Abläufe der Energiebereitstellung und des Abtransports der bei der Arbeit entstehenden „Abfallprodukte“ sehr hilfreich.

Die Muskulatur benötigt für ihre Arbeit Energie. In welcher Form diese Energie wo und wie bereitgestellt wird, hängt jedoch stark von der Form des Trainings bzw. der Dauer der Bewegung ab. Im Körper müssen daher idealerweise unterschiedliche Energielieferanten bzw. -formen in Abhängigkeit des Bedarfs und der benötigten Menge bzw. Dauer bereitgestellt werden.
Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) wird in geringen Mengen in der Muskelzelle gespeichert. Diese gespeicherte Energie wird bei Muskelarbeit in wenigen Sekunden verbraucht.

Um ATP neu zu bilden wird energiereiches Phosphat KP (Kreatinphosphat) benötigt. Diese Reserven sind aber bei entsprechender Leistung auch nach spätestens 30 Sekunden verbraucht. Gönnt man dem Muskel nun ca. 3 Minuten Pause können wiederum ausreichend ATP bzw. KP gebildet werden. Ansonsten greift der Körper auf die in Muskel und Leber gespeicherte Energiequelle Glykogen (eine Speicherform von Zucker) zurück. Diese Quelle ist nach ca. 60 Minuten erschöpft.

Danach stehen der Muskelarbeit als Energie die Fettreserven des Pferdes zur Verfügung – vorausgesetzt die Trainingsweise findet überwiegend im aeroben Bereich statt (schwache bis mittlere Leistungsabfrage). Wird die Intensität der Bewegung nicht übertrieben, dann wird der Kreislauf von ATP-Bildung und Verbrennung von Energie aufrechterhalten und eine unter Sauerstoffarmut vorherrschende Muskelarbeit (Laktatbildung) vermieden.

Gerade Pferde mit Stoffwechselbelastungen sollten also so trainiert werden, dass eine Muskeltätigkeit im anaeroben Bereich (Entstehung von Laktat = Muskelübersäuerung) nicht stattfindet.

  • Bewegung als Therapie beim Pferd mit EMS oder Cushing

1 Minute Mitteltrab und danach 3 Minuten Schritt (bei hoher Konzentrationsleistung und mit deutlicher Hinter- und Vorhandaktivierung während des Trabs – z.B. engere Wendungen oder Zirkel). Schrittphase immer Erholungsphase. Wiederholen Sie diese Aufgabe 10 bis 15-mal

oder

20 bis 40 Minuten leichtes bis mittleres Training (durchgehend leichter Trab oder Schritt bergauf) – Puls 60 bis 70 % der maximalen Herzfrequenz.

Die maximale Herzfrequenz ist konditions- und rassebedingt beim Pferd unterschiedlich und liegt i.d.R. zwischen 210 und 250 Schläge/Minute. Um die derzeitige maximale Herzfrequenz zu ermitteln, können Sie Ihr Pferd ca. 10 Minuten unter maximaler Leistungsabforderung longieren oder reiten und unmittelbar danach die Pulswerte ermitteln. Bei z.B. 220 Schlägen pro Minute wäre also das zukünftige Training auf einer Herzfrequenz von ca. 130 bis 160 Schlägen zu halten. Hierfür gibt es speziell für Pferde konzipierte Pulsmessgeräte.

Je nach Stoffwechselproblematik versorgen Sie das Pferd parallel mit unseren speziellen Ergänzungsfuttermitteln N-Sulin (bei Cushing) oder MeboSyn bei EMS.

  • Bewegung als Therapie für ein Pferd mit PSSM

Achten Sie bei einem Pferd mit PSSM darauf, dass Sie jedes Training vorher durch eine 15 Minuten lange Schritt- bzw. Erholungsphase einleiten. Danach sind Pferde mit PSSM im Regelfall ganz normal trainierbar.

  • Bewegung als Therapie für Pferde mit COPD / RAO oder verschleimten Atemwegen

Dieses Training immer in Verbindung mit unserem Breath Powder anwenden.

Bewegen Sie Ihr Pferd 20 Minuten leicht bis mittelstark (ausschließlich Trab; keine Nasenriemen und enge Sattelgurte verwenden; achten Sie darauf, dass das Pferd den Kopf auch nach unten nehmen kann). Danach geben Sie dem Pferd eine ca. 40 Minuten lang andauernde Erholungsphase (füttern vom Boden aus oder Schrittphase am langen Zügel). Nach dieser Einheit bewegen Sie Ihr Pferd noch einmal 20 Minuten im leichten Arbeitstrab. Insbesondere in dieser Arbeitsphase kommt es zu verstärktem Auswurf von Schleim oder Husten. (Beim Einsatz von bronchialerweiternden Medikamenten wie z.B. Ventipulmin oder Fieber darf das Pferd auf keinen Fall trainiert werden!)

  • Bewegung als Therapie beim Pferd mit Arthrose

Hier ist besonders darauf zu achten, dass die Pferde eine 10- bis 15-minütige Aufwärmphase überwiegend im Schritt haben. Einseitig belastende Übungen (längeres Longieren oder Reiten auf einer Hand) sind zu vermeiden. Auch im Anschluss an eine längere Bewegungseinheit sollte die sogenannte Cool down - Phase 10 bis 15 Minuten betragen. Füttern Sie hier unser MobiCare oder ArthriAid Omega HA.

  • Bewegung senkt den Blutzuckerwert bei Pferden deutlich

Regelmäßige Bewegung (20 bis 40 Minuten – drei- bis viermal die Woche leichtes bis mittleres Training; Puls 60 bis 70 % der maximalen Herzfrequenz) senkt langfristig den Blutzuckerwert des Pferdes. Muskeln benötigen für ihre Arbeit Glukose und beziehen diese aus den Zucker- und Stärkedepots der einzelnen Zellen. Sind diese Depots leer, sorgt der im Blut befindliche Zucker für Nachschub. Damit sinkt der Blutzuckerspiegel bei Pferden deutlich.


Nicht nur der Blutzuckerspiegel bei Pferden wird durch Bewegung (z.B. Equikinetic) gesenkt, sondern auch Glückshormone werden beim Pferd freigesetzt.

Bewegung bei Pferden macht glücklich

Wie beim Menschen, löst Sport bzw. Bewegung beim Pferd ebenfalls Glücksgefühle aus. Durch die Aktivierung des Stoffwechsels werden nämlich vermehrt Serotonin und Endorphine ausgeschüttet. Diese sogenannten „Glückshormone“ sorgen für entspannte und weniger schreckhafte Pferde. Entscheidend dabei ist, dass auch hier das Maß der mäßigen Belastung eingehalten wird. Extremer Sport bzw. Belastung kippt meistens um in Stress und das stoffwechselbelastende Kortisol wird dann vermehrt ausgeschüttet.


Bewegung - Wenn Pferde Schmerzen haben

Grundsätzlich gilt, dass Pferde mit akuten Schmerzen nicht bewegt werden sollten. Das gilt auch für Pferde, die aufgrund von Medikamenten aber auch Kräutern wie Ingwer, Teufelskralle usw. schmerzfrei eingestellt wurden. Der Schmerz wird durch unterschiedliche neurale Signale erst als solcher empfunden. In Schockzuständen oder Flucht können diese oft völlig ausgeschaltet sein. Heute weiß man, dass bei Sehnenverletzungen beim Pferd oder auch bei Hufrehe sehr dosierte und kurzweilige Trainingseinheiten für die Genesung sehr wichtig sein können. Eine pauschale Anleitung hierfür zu geben wäre gefährlich. Sprechen Sie daher diese immer mit Ihrem Tierarzt oder Therapeuten ab. Nur sollte hier der Hinweis nicht fehlen, dass auch in so einem Fall die Bewegung über die Schmerzgrenze hinaus, am Ende aus therapeutischer Sicht zielführend sein kann.

Fazit: Die richtige Fütterung mit dem auf die Krankheit des Pferdes abgestimmten Ergänzungsfutter kombiniert mit einem angepassten Trainingsplan ist der Garant für eine optimale Gesunderhaltung oder Genesung des Pferdes. Gute Hilfestellungen und Trainingspläne bietet hier Michael Geitner mit der Dualaktivierung oder der Equikinetic.